Eiskalt kroch es in einem nach oben. Das Gefühl, dass die letzten Tage als Erstligist ein weiteres Mal gezählt sind. Und die Kälte, die sich durch die Betonstufen durch die Füße nach oben bahnte. Es dürften die schlimmsten Zeiten als VfB-Fan sein, seit, ja, seit dem Abstieg 2016. Die Protagonisten sind weitgehend andere, das hilflose Gefühl der Ohnmacht, an all dem nichts ändern zu können, ist dennoch das gleiche. Darüber etwas zu sagen, geschweige denn zu schreiben, fällt Woche für Woche immer schwerer. Und so sehr ich all die Jahre immer gehofft habe, nie einen Abstieg miterleben zu müssen, so sage ich jetzt das gleiche wie einst vor drei Jahren. Es wäre verdient.
Und dann stehst du auf einmal da und hast keine Ahnung, was da gerade um dich herum passiert. Ging es nicht vor fast zwei Stunden lediglich darum, sich nicht ganz so heftig vom Gegner verprügeln zu lassen und danach aufgrund des bereits vollbrachten Klassenerhalts entspannt wieder heimzufahren? Wer hätte uns denn auf das vorbereiten können, was wir am Samstagabend erlebt haben? Die Niederlage in Leverkusen war einkalkuliert, wie schon seit vielen Jahren, es war lediglich eine Frage der Höhe. Für uns ging es um nichts mehr, außer einer besseren Endplatzierung – für Bayer ging es aber um die Champions League Qualifikation. Also was genau ist da eigentlich passiert?
Es ist nicht so, dass wir eine solche Situation nicht schon einmal erlebt hätten. Als wir im Frühjahr 2016 nach einigen Siegen in Folge plötzlich keine Punkte mehr holten, hielt man mich für verrückt, das Wort Abstieg in den Mund zu nehmen. Oder als wir im Winter 2016/2017 in der zweiten Liga den einen oder anderen Punkt liegen ließen, hielt man mich für paranoid, das Wort Nichtaufstieg anzusprechen. Wann immer es beim VfB nicht so gut lief, wurde ich teilweise hart dafür angegangen, wenn ich anmerkte, dass es nicht rund läuft.
Er tut weh. Dieser eine Moment, wenn du feststellst, dass all deine Hoffnungen vergebens waren und du dich dann doch wieder zurück im Abstiegskampf befindest. Dieser Augenblick, wenn du den Blick wieder nach unten richten musst und hoffst, nicht wieder das selbe wieder durchzumachen, was dich vor nicht einmal einem Jahr bereits so viele Nerven gekostet hatte. Er tut unheimlich weh. Nicht nur vorm VfB liegt in dieser Saison noch ein weiter Weg zum Klassenerhalt, auch vor mir persönlich. Ohne es zu wollen, bringt mich eine solche Niederlage wie diese gedanklich dorthin, wo ich nie wieder sein wollte: nach Paderborn. Sinnbild der blanken Angst, wenn das Ende nah ist.
Es gibt Momente, da wird es ganz schnell schwarz um einen. Man fällt in ein Loch und während man auf den Schmerz beim Aufschlag wartet, fällt man immer weiter, bis man kein Licht mehr sieht. Überall ist Dunkelheit, sie lähmt, sie verängstigt und entzieht die Fähigkeit zu Atmen. Regungslos schwebt man in einem luftleeren Raum, orientieren kann man sich nicht, festhalten kann man sich nicht. Welch beklemmendes und ohnmächtiges Gefühl uns umhüllt, während uns ein modriger Geruch in die Nase steigt. Und dann schlägt man unvermittelt am Boden auf.
Es tut so weh. Das, was wir am meisten lieben, wofür wir einstehen und woran wir immer geglaubt haben, es bricht uns das Herz. Es tut weh, Woche für Woche den Niedergang eines einst so stolzen Vereins mit ansehen zu müssen. Es tut weh, zu wissen, dass man vor gut fünf Jahren noch im Champions League Achtelfinale gegen den FC Barcelona stand. Es tut weh, zu sehen, wie ein Teil der Fans nach gut einer Stunde den Block verlassen und nach Hause fahren. Doch am meisten tut mir weh, dass wir, denen der Verein augenscheinlich am wichtigsten ist, das Wenigste bewirken können.
Manchmal liegen Freud und Leid näher beieinander, als man sich vorstellen kann. Zwanzig Minuten zwischen dem absoluten Schockzustand nach einer indiskutablen Darbietung, nach der selbst ein junger Kreisklassenspieler gesagt bekommt, er wäre für diesen Sport einfach nicht gemacht; und jener großartigen Aufholjagd, die nach einem aussichtslosen 0:3-Rückstand noch einen Punkt sicherte. Die Geschehnisse vom gestrigen Tage aufzuarbeiten, fällt mir nicht leicht, ich kann es noch gar nicht richtig fassen, was da gestern im Neckarstadion passiert ist.
Ein Spiel dauert 90 Minuten, aber Schluss ist erst, wenn der Schiedsrichter pfeift. Nicht nach 87 Minuten. Nicht nach 93 Minuten. Und auch nicht nach 84 Minuten. Erst dann, wenn er das Spiel beendet. Es gibt Tatsachen, die beim VfB ganz offensichtlich noch nicht angekommen sind. Zum dritten Mal in Folge gab man das Spiel in den letzten paar Minuten aus der Hand. Erst dämlich, dann unglücklich, und dann wieder dämlich. Wo soll der Weg enden, den der VfB in den letzten Monaten eingeschlagen hat? Er führt bedrohlich in eine Abwärtsspirale nach unten. Am Tag darauf sitze ich nun hier an meinem Rechner. Ich hasse Tage wie diese. Wenn das Schreiben keinen Spaß macht und du dich davor am liebsten drücken möchtest. Soviel schönere und sinnvollere Dinge könnte ich tun. Jetzt sitze ich vor dem leeren Word-Dokument, befreit von jeglicher Motivation. Woche für Woche das selbe Spiel. Niedrige oder gar…
“Gibt einfach so Tage” \” so hatte mich mein bester Freund am Abend via WhatsApp noch zu trösten versucht. Es nützte nicht viel. Frustriert saß ich allein daheim vorm heimischen Fernseher und schaute mir die “Highlights” unseres Spiels in der Sportschau an, während Felix mit Freunden etwas trinken war. Der Frust sitzt tief nach der zweiten Niederlage im zweiten Spiel. Soviel zum Thema Aufbruchsstimmung, nicht wahr? Wieder einmal gelang es mir nicht, den Ärger hinter mir zu lassen und mich wieder zu beruhigen. Stunden zuvor hatte ich wortlos auf einer der Stufen im Block 33b gekauert und aufs leere Spielfeld hinaus geschaut, viele Fragen schossen mir durch den Kopf. Geht der ganze Ärger wieder von vorne los? Muss die Saison, auf die ich mich eigentlich gefreut hatte, jetzt schon abgeschrieben werden? Wird Bruno Labbadia dem Druck standhalten? Und warum ist es eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ein ehemaliger Leverkusener…
Das Schlimmste an Allem: du kannst nicht davon laufen. Der Boden sollte sich auftun, ich wollte überall sein, nur nicht hier. Als Häuflein Elend saß ich zusammengekauert im Gästestehblock, starrte apatisch in die Leere vor mir und fragte mich, warum man als Fußballfan nur so hart bestraft werden kann. Es waren doch nur noch 10 Minuten zu spielen. Die nicht ungerechte Strafe, dass die Mannschaft es verpasst hatte, nachzulegen. Wir hatten schon beinahe die ersehnten 3 Punkte. Am Ende hatten wir Nichts.Wie konnte das nur passieren? Ein weiteres Mal die Schande der Nation, Ziel jeglichen Gespötts. Naja, Hoffenheim mag es im Moment noch schwieriger zu haben. Es tröstet mich nicht wirklich. Ein Tag, der so schön begann, endete abrupt, 5 Minuten zwischen Himmel und Hölle, manchmal geht es ganz schnell. Manchmal fragst du dich, wofür du dir das noch antust. Diese Frage konnte ich gestern nach dem Spiel nicht beantworten….
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