Mit letzter Kraft schleppte ich mich ins Wohnzimmer, ließ meinen müden Körper auf die Couch plumpsen, legte die Beine hoch und nahm einen ersten Schluck aus der Bierflasche. Einmal tief durchatmen. Es war geschafft. Ein seliges Lächeln huschte über meine Lippen, während mein von der Sonne gezeichnetes Gesicht spannte und sich das Blut in den angeschwollenen Waden nur langsam zurückzog. Vollkommen fertig, aber für einen Moment glücklich und entspannt. Es ist spät geworden, der Tag hat seine Spuren hinterlassen. Und doch genoss ich des Abends noch dieses eine wunderbare Gefühl, nahm noch einen Schluck und seufzte zufrieden, ohne dass mich jemand hören konnte: “Derbysieger”.
Ich wünschte, ich hätte nur annähernd die richtigen Worte dafür. Lange sitze ich vor einem leeren Blatt und stelle mir die Frage, wie ich anfangen sollte. Mit dem erhabenen Moment, in dem uns Alexandru Maxim endgültig zum Derbysieger machte? Dem grenzdebilen Dauergrinsen, das seit gestern Nachmittag mein Gesicht ziert? Oder vielmehr darüber, wie es sich so anfühlte, kritisch beäugt inmitten von einer Heerschar an Sicherheitskräften mein erstes Derby in Karlsruhe erleben zu dürfen. Eines nach dem anderen.
Es war wie ein wunderschöner Ausflug in eine entfernte Zeit. Damals noch, als unsere Erstliga-Mannschaft zum Derby gegen Karlsruhe antrat und sie in 3 von 4 Fällen deutlich in die Knie zwingen konnte. Welch wunderbare Zeit, die Erinnerung an die eindrucksvolle Choreographie über die Cannstatter Kurve. Drei Jahre später ist Karlsruhe in die 3. Liga abgestiegen, der VfB hat seinen liebsten Feind aus den Augen verloren. Aber nicht aus dem Sinn, die Antipathie, hat nichts an Intensität verloren, auf beiden Seiten. Während wir uns mit kleinen “Alibi-Derbys” gegen Freiburg und Hoffenheim behelfen mussten, spielte der ungeliebte badische Nachbar gegen Paderborn, Oberhausen und Andere. Bald machte die Wahrscheinlichkeit die Runde, als würde es bald wieder das baden-württembergische Derby geben, doch nicht in der 1. sondern in der 3. Liga. Wo sich seit Jahren unsere jungen Wilden, der VfB Stuttgart II behaupten und ihr Können unter Beweis stellen können, landete nun auch…
Was für ein Wochenende! Was für ein Spiel! Was für ein Wahnsinn! Endlich war es soweit, das erste Derby meines VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC stand am letzten Wochenende an. Noch immer schwebe ich wie auf einer Wolke, zehre noch von der Athmosphäre und Euphorie des Sonntagsspiels. Ob es sich gelohnt hat? Lasst es mich so sagen: Man vermische zunächst die Grundzutaten Vorfreude und einen kräftigen Schuss Nervosität in einer weiten Form zusammen und lässt es ein paar Tage gären. Danach das Gemisch mit einem schnellen Rückstand abschrecken und somit einen markerschütternden Schock hervorrufen, bevor man mit 3 Toren der eigenen Mannschaft den Teig richtig zum Aufquellen bringt. Zu guter letzt verziert man das unglaublich euphorisierte Gemisch mit einer Zuckerglasur und schreibt in der allerschönsten Schönschrift darauf: “Derbysieger”. So siehts aus: Derbysieger. Man lasse es sich mal auf der Zunge zergehen: DERBYSIEGER. In den nächsten Tagen wird kein Wort…
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