Momente wie diese sind selten geworden. Wochenlang hatte die Tristesse den VfB im Würgegriff, ohne Anstalten zu machen, ihn wieder loszulassen. Unser trauriges Dasein am Tabellenende der Bundesliga wurde zur Gewohnheit, allwöchentliche Niederlagen unser täglich Brot und die Aussichten auf Besserung waren nur selten nüchterner als jetzt gerade. Das Abstiegsduell gegen den Konkurrenten aus Hannover konnte der VfB ja nur verlieren. Oder etwa doch nicht? Viel sprach nicht für einen Punktgewinn in diesem alles andere als prestigeträchtigen Kellerduell, ein übles 0:0, ein Hauen und Stochern, das so ziemlich Übelste, was man mit seinem Wochenende anstellen kann. Manchmal ist es ganz gut, keine Erwartungen zu haben. Von Zeit zu Zeit überrascht der VfB einen dann doch.
Das war wieder einmal dieser Tage. Ein Tag, an dem man sich bewusst wird, dass man nur eine winzig kleine Entscheidung davon entfernt war, auf der anderen Seite des Stadions zu stehen. So viel Argwohn und Abneigung dem “Verein” aus meiner Heimatstadt zurecht zuteil wird, so wird diese Partie niemals für mich ein gewöhnliches Spiel wie jedes andere sein. Doch wo sich normalerweise Aufregung und Anspannung mischt und ein ungutes Bauchgefühl hervorrufen, so hat die Tristesse der vergangenen Monate weiterhin Bestand. Nie war es schwerer, VfB-Fan zu sein. Und gleichzeitig war es nie leichter, sich auf das zu besinnen, was wirklich wichtig ist.
Nach sechs Wochen war ich zurück. Ganze 43 Tage waren vergangen, seit ich das letzte Mal im Stadion war. Man könnte meinen, ich habe mich geradezu danach verzehrt, endlich wieder da zu sein, dass ich es genossen habe, im Kreise meiner Leute zu stehen und meine Mannschaft nach vorne zu schreien. Die bittere Wahrheit sieht anders aus. Die letzten Wochen und Monate haben ihre Spuren hinterlassen. In den letzten zwölf Jahren als VfB-Fan habe ich dieses Gefühl nicht gekannt, diesen befremdlichen Moment, nicht einmal beim vermeintlichen Siegtor der eigenen Mannschaft so etwas wie Freude zu empfinden. Da war nichts. Nur Leere.
Ich hatte das alles schon hinter mir gelassen. Dieses Aufregen, dieses Ärgern, diesen Frust. Ich wollte nicht mehr, dass der VfB darüber bestimmt, wie meine Stimmung sein soll, nicht nur an einem Wochenende, sondern für die ganze Woche. Ich war es leid, mich von diesem Trauerspiel emotional beeinflussen lassen. Und so traf ich eine Entscheidung: Gelassener werden, selbst wenn der VfB auf dämlichste Art und Weise verliert. Das hat in den letzten Wochen ganz passabel funktioniert, ich konzentrierte mich auf die Arbeit und die schönen Dinge des Lebens. Und dann kam Schalke. Zu spüren, wie es einen dann doch beschäftigt, aufwühlt und ärgert, ist etwas, was ich vor Weihnachten eigentlich nicht mehr gebraucht hätte.
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