“Gott sei Dank” – es war nicht die Freude über den einen Punkt, den man nach 90 Minuten zu verzeichnen hatte, es war vielmehr die Erleichterung, dass nun endlich Winterpause ist. Selten hat man ein paar freie Wochen so sehr herbei gesehnt wie in dieser schweren Saison. Sechs Wochen hat der VfB nun Zeit, sich auf das vorzubereiten, was ihnen in der Rückrunde bevorsteht. Mit Sicherheit wird es nicht einfacher, im Gegenteil. Umso trauriger, dass man seinen Treuesten noch nicht einmal einen auch nur halbwegs erträglichen Jahresabschluss bereiten konnte.

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Am Abend saßen wir mit vielen anderen VfB-Fans in einer urigen Kneipe, gemeinsam erhoben wir die Gläser und Bierflaschen, sangen unsere Lieder und tranken in geselliger Runde – nicht auf den VfB, sondern vielmehr auf uns und das, was hinter uns liegt. Es braucht nicht viel Fantasie um zu erahnen, was vor uns liegt. Es werden weitere harte Monate voller Entbehrungen, Misserfolg und Frust. Wo die Reise im Mai enden wird, hängt von der Mannschaft ab, und davon, ob sie die Winterpause nutzen.

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Realistisch gesehen dürfte es nur noch wenige geben, die tatsächlich an eine doch weitgehend entspannte Rückrunde glauben. Es wird eng werden, ein harter Wettlauf gegen die Zeit. Zwei Herzen schlagen in unserer Brust, das eine, das auf den Nichtabstieg hofft, und das andere, dass sich ein komplettes Umdenken und eine neue Struktur herbei wünscht. Vereinbaren lässt sich das vermutlich nicht.

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Viele Fragen, viele Opfer

Fängt sich der Verein, wurstelt er einfach immer weiter, Jahr für Jahr gegen den Abstieg. Doch steigt er ab, wäre das ein wirtschaftlicher Totalschaden. Was ist da das geringere Übel? Fünf Punkte hatte man aus den letzten drei Spielen geholt. Das waren immerhin fünf Punkte mehr, als ich noch nach dem Desaster gegen Schalke gedacht hatte. Jeder Zähler ist immens wichtig, soviel ist sicher – doch muss man wirklich mit allem zufrieden sein, was man auf dem Platz präsentiert bekommt? Und sind es wir Fans, die sich als Schuldige der schlechten Phase darstellen lassen müssen?

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Wir haben nun genug Zeit, über all das nachzudenken, zu grübeln, zu fluchen – und vielleicht die Gemüter ein wenig abkühlen zu lassen. Mit ganzem Herzen sind wir dabei, wäre es nicht so, wären wir nicht hier. Wir wären nicht bei jedem Spiel im Stadion, würden unsere Arbeitgeber nur des Fußballs wegen nach Urlaub fragen müssen, wir würden keinen Schmerz und keine Pein empfinden, wenn der Verein, den man so sehr liebt, am Boden liegt.

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Diese Liebe fordert Opfer, es sollte uns zugestanden werden, das eine ums andere Mal in Frage zu stellen, zu wieviel jeder Einzelne im Stande ist. Wir wählen diesen einen Weg, den Verein zu unterstützen, unabhängig von all den Namen, die Jahr für Jahr auf die Trikots geflockt werden. Niemand hat gesagt, dass es einfach werden würde.

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Ein geschäftiges Wochenende

Wer Fan vom VfB wird, muss sich doch im Klaren sein, dass eine Sehnsucht nach regelmäßigen Erfolgen nicht immer gestillt werden kann. Doch was ist nach dem unschuldigen Wunsch, ein wenig Ruhe im Umfeld zu haben? Eine Konstanz? Ein Konzept? In den Augen des Vereins gelten wir Fans noch immer als Diejenigen, die eine zu hohe Erwartungshaltung haben. Ob sie sich jemals selbst die Frage gestellt haben, was für realistische (!!) Erwartungen sie denn an sich selbst haben? „Unser Ziel ist die Champions League“ kann man ja unmöglich ernst nehmen.

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Die letzten Tage vor Weihnachten, dem Fest der Liebe, wie es so schön heißt. Nach dem Auswärtssieg in Hamburg sehnte sich das Umfeld nach einem versöhnlichen Jahresabschluss, noch einmal drei Punkte vor heimischen Publikum, das ohnehin schon in diesem Kalenderjahr viel wegstecken musste. Das letzte Mal, als der VfB zwei Spiele hintereinander gewonnen hatte, ist schon über ein Jahr her. Als hätte ich es schon irgendwie geahnt, als mich meine Kollegin nach meinem Tipp fragte.

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Ein vollgepacktes Wochenende mit den letzten Vorbereitungen für den Familienbesuch über Weihnachten stand uns bevor. Einen Heimsieg wollte ich aus gutem Grund nicht auf meine ToDo-Liste schreiben, dafür ist die Mannschaft zu unbeständig und, auch wenn ich mir das nicht immer eingestehen will, einfach zu schlecht. Nur verlieren sollten sie nicht, das wären dann (f)rohe Weihnachten geworden. Ob das so „einfach“ ist? Schließlich kam mit dem Aufsteiger aus Paderborn eine doch recht gute Überraschungsmannschaft.

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Von Bier bis Glühwein

Der ganze Tagesplan war schon vorab komplett hinfällig. All die festen Uhrzeiten an Heimspieltagen mit ihrer festgelegten Abfolge würden keine Rolle spielen. Was mit ein, zwei Bier vor den Toren des Palm Beach gemeinsam mit Freunden begann, ging direkt vor dem Stadion weiter. Die Wette vom Spiel gegen Mainz wollte ich noch einlösen, der geschätzte Twitter-Kollege bekam den verdienten Glühwein spendiert. Für das kleine bisschen, was ich an dem Tag gegessen hatte, war das schon fast zu viel. Oh Gott, und nach dem Spiel ist auch noch Weihnachtsfeier…?!

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Die Sehnsucht nach dem erst zweiten Heimsieg der Saison war groß, 55.000 Zuschauer waren gekommen und damit gut 10.000 mehr als der bisherige Saisondurchschnitt. Die Lücken, die in den Heimspielen bisher auf der Gegentribüne und Untertürkheimer Kurve klafften, waren weitgehend geschlossen, und das ganz ohne Rabatt-Aktion. Doch es ist nunmal der VfB, wo immer er sich blamieren kann, tut er es für gewöhnlich.

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Für meine Verhältnisse war ich verdammt knapp dran, die Kurve war schon fast voll und ein junges Pärchen musste ich von meinem Stammplatz verdrängen. Die meisten Gesichter um mich herum waren jedoch die gleichen wie immer. So gerne möchte ich sagen „Zuhause ist es am schönsten“ – doch nach fünf verlorenen Heimspielen und 16 Gegentoren war es bisher nicht annähernd gemütlich.

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Das letzte Spiel eines furchtbaren Jahres

Es gab eine Zeit, da war das anders. Als ich einst noch 500km zu den Heimspielen gependelt war, murmelte ich beim ersten Blick ins weite Rund stets „Willkommen zu Hause“ und lief zufrieden lächeln zu meinem Platz im damaligen Block 37c. Ich war jung und naiv, jene, mit denen ich heute die Wochenenden verbringe, waren damals noch weit weg. Der Fußball und das ganze Drumherum fasziniert mich bis heute – doch anders als noch vor einigen Jahren sind die erfreulichen Heimspielnachmittage selten geworden.

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Ein paar wenige hundert Paderborner hatten sich auf den Weg ins Ländle gemacht, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Ob das für ostwestfälische Verhältnisse ein guter Schnitt ist, vermag ich nicht zu beantworten. Gehör verschaffen konnten sie sich nicht, doch auch die Cannstatter Kurve war an diesem Tage weit von dem entfernt, wozu sie eigentlich im Stande sein kann. Die letzten Monate haben uns mürbe gemacht, auch wir sehnten die Winterpause herbei.

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Auf ging es in das letzte Spiel des Jahres 2014. Ein Jahr, in dem uns die Scheiße am Fuß klebte und wir so tief gefallen sind, dass nur ein Abstieg im vergangenen Sommer noch schlimmer hätte sein können. Mit einem verlorenen Heimspiel hatte das Jahr angefangen, würde es ebenfalls so enden, wäre es allenfalls bezeichnend gewesen. 18 Punkte hatten die Gäste aus Paderborn bereits geholt und damit schon einmal zwei Punkte mehr als wir bisher auf dem Konto hatten.

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Vier Tore vor heimischer Kulisse

Um wieviele Millionen die Vereinsetats auseinander klaffen, vermag man sich dunkel vorzustellen. Was mit viel weniger Geld möglich ist, haben sie bisher unter Beweis stellen können, ebenso die unerschrockenen Augsburger, die die Saison ihres Lebens spielen. Und dann wäre da noch der VfB, dessen Vorstand meint, ein großer Etat könne entsprechende Ansprüche erheben. Wer jedoch ohne Plan, ohne Konzept und vor allem ohne die richtigen Leute sein Glück versucht, landet schnell auf dem Boden der Tatsachen, oder vielmehr: auf dem Boden der Tabelle.

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Der Ball rollte im Neckarstadion. Zur Überraschung aller mit Daniel Didavi von Beginn an, nach einer weiteren langen Verletzungspause kehrte er zurück und ersetzte den verletzten Alexandru Maxim. Mindestens einen Kreativen braucht es im Mittelfeld, wie sehr sich das noch im Lauf der Partie bemerkbar machen würde, wussten wir noch nicht, als Schiedsrichter Tobias Stieler das Spiel frei gab.

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Wie gut zum Jahresabschluss einmal ein (hoher) Heimsieg getan hätte, jener Gedanke schoss mir durch den Kopf, als ich nach wenigen Minuten ein wenig gedankenverloren die Anzeigetafel geschaut hatte. Sehr oft dröhnte die „Bro Hymn“ noch nicht durch die Lautsprecherboxen des Neckarstadions, erst vier Tore waren gefallen, davon gleich drei in der irren Partie gegen Leverkusen. Sonst gab es leider nicht viel, was es zu feiern gab.

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Zäher Auftakt

Viel zu einfach verloren sie die Bälle, es war trotzdem ein munterer Auftakt an diesem doch kühlen Samstagnachmittag. Auswärts war die Bilanz der Paderborner bisher ausbaufähig, ob der VfB das hätte ausnutzen können, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Es war ja nun wirklich nicht so, als hätten die Chancen in diesem Spiel gefehlt.

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Florian Klein war nach einem Zweikampf bis zur Grundlinie durchgelaufen, fand im Strafraum den freistehenden Timo Werner, der aber den Ball nicht ganz traf. Nach 13 Minuten trudelte die Kugel langsam am Paderborner Torwart Lukas Kruse vorbei. Wer weiß, welche Eigendynamik dieses Spiel hätte bekommen können.

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Wenige Minuten später schien es, als könne es ein erfolgreicher Tag werden, die Jungs schienen so langsam aufzuwachen. Auch die Unterstützung der Cannstatter Kurve wurde intensiver in jenem kurzen Zeitraum. Moritz Stoppelkampf rammte Florian Klein an der Strafraumgrenze um, zu bedauerlich, dass ein paar Zentimeter mehr sehr viel hilfreicher gewesen wären.

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Der feine Fuß der Nummer Zehn

Ein Fall für Daniel Didavi mit seinem feinen Füßchen. Da war es wieder, das spannende Gefühl, dass es was werden könnte. Die Mauer der Paderborner postierte sich, die Nummer Zehn nahm Anlauf und schoss mit Effet über die Mauer hinweg. Komm schon, komm schon, bitte! Gespanntes Warten. Jubel oder Verzweiflung? Es klatschte kurz, es war der Handschuh des Lukas Kruse, der den Ball noch über die Latte lenkte. Im Nachgang betrachtet die zwei besten Möglichkeiten, die wir in diesem Spiel haben sollten.

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Das Spiel wurde besser, doch ein paar gute Ansätze wollten einfach nicht zum Torerfolg führen. Was hatte Huub Stevens seiner Mannschaft in der Kabine gesagt? Er steht wie kaum ein anderer für die geordnete Defensive, für das Abwarten und dann das Ausspielen der Offensive. Auf Sicherheit bedacht, das schien die Marschroute zu sein. Bloß kein Gegentor kassieren – doch wie willst du gewinnen, wenn du bei all der defensiven Arbeit vergisst, nach vorne zu spielen? Als Könner des schnellen Umschaltens hatte sich der VfB bislang leider nicht erwiesen.

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Viele in der Kurve waren offenbar mit dem Kopf schon im Weihnachtsurlaub. Zwar waren mehr Zuschauer da als zuletzt, doch konnte man nicht ein letztes Mal „alles geben“. Da hätte ein Tor tatsächlich Wunder wirken können, so blieb es bei einer weiteren mutlosen Vorstellung vor dem heimischen Publikum, dem man hoch anrechnen sollte, dass es trotzdem immer wieder kommt.

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Ausbaufähig

Fünf Minuten noch. Die letzten fünf Minuten, direkt vor der Cannstatter Kurve im Jahr 2014 ein Tor zu erzielen und mit denen zu feiern, die soviel zurückstecken mussten. Gotoku Sakai war nach einer kurzen Verletzungsunterbrechung aufs Spielfeld zurückgekehrt. Viel erwarten kann man von seinen Flanken für gewöhnlich nicht, doch diese eine überraschte dann doch sehr: Aus dem Halbfeld heraus, flach, lang und weit, sie war bestimmt für Timo Werner. Paderborn klärte – aber wie?!

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Ich hatte nur noch gesehen, wie der Ball am Torwart vorbei Richtung Tor flog. Den Jubelschrei auf den Lippen, die Sicht versperrt, mit dem Blick nach links auf den aktiven Kern der Kurve, die Kamera im Anschlag, voller Hoffnung, gleich die Eskalation auf Bild zu bannen. Dong! Pfosten! Nein, Nein, Neiiiiiin! War es der gerechte Ausgleich für das falsch gepfiffene Abseits, ohne das die Gäste nach nur neun Minuten wohl in Führung gegangen wären?

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Verzweiflung, Frust, Enttäuschung – aber doch nicht ganz ohne Hoffnung! Kein allzu schlechtes Spiel, darauf lasse sich aufbauen. Das hörte ich aus dem Mund eines jeden Bekannten, der mir in der Halbzeitpause über den Weg lief. Das Bier und der Glühwein forderte Konsequenzen, seit gut drei einhalb Jahren hatte ich in der Halbzeitpause nicht mehr meinen Platz verlassen. Aus gutem Grund, wie die langen Schlangen bewiesen.

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Warten auf das Tor

Pünktlich vor dem Wiederanpfiff war ich zurück, jetzt konnte ich mich auch endlich meiner mitgebrachten Capri Sonne bedienen, die ich vorher nicht öffnen wollte. Bisher kein allzu schlechtes Spiel, hatte ich feststellen müssen – nur das Tor hatte bisher noch gefehlt. Der Sieg in Hamburg war wahnsinnig wichtig, wieviel wichtiger wäre er geworden, wenn man denn hier daheim hätte nachlegen können? Hätte, wäre, wenn… – der VfB war noch nie gut darin, solche Situationen für sich selbst auszunutzen.

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Drei gelbe Karten hatten die Gäste bereits gesehen, ob das am Ende vielleicht sogar für eine Gelb-Rote reicht? Noch hofften wir, dass es mit eigenen Mitteln reicht. Auch ich hoffte, als sich Daniel Ginczek vor der Cannstatter Kurve warm machen sollte. Wird Zeit, dass er nach seiner langen Leidenszeit endlich seine Einsatzzeiten bekommt und dort weitermacht, was er in der Vorbereitung gezeigt hat.

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Wirklich verzücken konnte der VfB zu Beginn des zweiten Durchgangs nicht. Dafür zumindest der lila gefärbte Abendhimmel, der wesentlich schöner anzusehen war als das, was wir hier angeboten bekamen. Was im ersten Durchgang noch ziemlich vielversprechend aussah, hatte sich nun weitgehend in Luft aufgelöst. Welch ein Glück, dass auch die Paderborner keinen Sahnetag erwischt hatten. Doch warum zeigte man hier eine erneut erschreckend schwache Leistung? Das verstehe mal jemand…?!

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Das hat mit Fußball nichts zu tun

An dieser Stelle würde ich normalerweise über den Verlauf der zweiten Halbzeit berichten. Das Problem ist nur: ich wüsste nicht, was ich groß schreiben sollte?! Sie hatten versäumt, das Tor zu machen – doch statt umso mehr Gas zu geben und auf die schwindenden Kräfte der Gäste zu vertrauen, zogen sie sich zurück und machten den Eindruck, als ginge es einzig und allein nur darum, ohne Gegentor zu bleiben. Dass man Spiele nur mit eigenen Toren gewinnen kann, schien für die Träger des Brustringtrikots keine besondere Relevanz zu haben.

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Mit Fußball hatte das alles nichts mehr zu tun, was auf dem Feld passierte. Und mit der gewohnten Stimmung in der Cannstatter Kurve hatte unsere Darbietung auch nicht viel zu tun. Ist es nicht traurig, wenn das lauteste, was das Stadion zustande bekommt, der Jubelschrei wegen eines anderen Spieles ist? Nach etwas mehr als einer Stunde war Werder Bremen gegen Dortmund mit 2:0 in Führung gegangen. Das Stadion jubelt. Verkehrte Welt.

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Ein zähes und mittlerweile unterdurchschnittliches Spiel nahm seinen Lauf. Lediglich Timo Werner hatte gut 20 Minuten vor Schluss noch eine Möglichkeit, wenn er freistehend mit Vollspann abgezogen hätte, mit zu viel Rücklage zischte der Ball weit über das Gebälk. Die ersten leisen Pfiffe machten die Runde, die Unzufriedenheit war nur die logische Konsequenz einer dürftigen Darbietung. Wie lange wollen sie noch warten, die Paderborner in die Knie zu zwingen?

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Harmlos, trostlos, lustlos

Die Zeit rannte dem VfB davon. Wenige Minuten waren noch zu spielen, die ersten Zuschauer setzten sich schon in Bewegung. Hoch würden wir hier nicht mehr gewinnen, aber als Ausgleich für all die späten Tore, die wir kassiert haben, vielleicht einfach mal selber einen Last-Minute-Sieg einfahren? Viel Hoffnung machten einem die Jungs nicht, sie schienen gedanklich schon im Urlaub. Und wo sich Gedankenlosigkeit einschleicht, ist die Gefahr am größten, ein fahrlässiges Gegentor zu bekommen.

Wirklich müde schienen die Gäste nicht, obwohl diese einen Tag weniger zum Ausruhen hatten. Ihnen war der Punkt gut genug, unserer eigenen Mannschaft offensichtlich auch. Und genau da darf man die Einstellung und die Mentalität getrost in Frage stellen. Gibt man sich schon zum Abschluss eines mehr als ernüchternden Jahres mit einem 0:0 zufrieden? Es sah ganz so aus. Letztendlich dürfen wir uns bei den Gästen bedanken, dass diese ebenso offensivschwach waren wie wir.

Nach 60 Sekunden Nachspielzeit erlöste uns Tobias Stieler von einem desolaten Spiel. Jeder Punkt ist wertvoll, doch wäre doch so viel mehr drin gewesen. Das wusste auch das Publikum, von denen nicht gerade wenige mit dem Abpfiff ein schallendes Pfeifkonzert angestimmt hatten. Es hörte sich an, als hätten sie ein weiteres Heimspiel verloren – und genau so fühlte es sich an.

Gemischte Reaktionen

Sie sammelten sich wieder am Mittelkreis und kamen langsam Richtung Kurve getrottet. Ein paar wenige hatten dennoch applaudiert, viele hatten gepfiffen, doch die meisten in der Cannstatter Kurve hatten wohl geschwiegen, mit leerem Blick die Spieler angeschaut und fragend die Schultern gezuckt. Manche Geste braucht keine Worte, die Botschaft war klar. Eine Botschaft der Mannschaft gab es nicht – weder zum Spiel, noch zum Ausblick auf die Rückrunde, noch ein Dankeschön für die treue Unterstützung in zwölf unsäglich schwachen Monaten. Nichts.

Man möchte meinen, es mache keinen Sinn, sich darüber aufzuregen. Weihnachten steht schließlich vor der Tür, die Zeit der Besinnlichkeit und des heimeligen Friedens. Sozusagen von all dem, was der VfB in diesem Jahr hatte vermissen lassen. Schnell machten wir uns davon, die Weihnachtsfeier im Kreise von Freunden und Bekannten stand im Anschluss an, ein geselliger Abend, ohne den Druck, sofort die Bilder bearbeiten zu müssen. Lange blieben wir nicht, das Pflichtbewusstsein ließ nicht lange auf sich warten. Trotz allem hat es viel Spaß gemacht.

Auf das komplette Jahr zurückblicken werde ich an dieser Stelle nicht. Noch nicht. Dies ist meinem gesonderten Jahresrückblick vorbehalten, der kurz vor Silvester erscheinen wird. Es bleibt nur zu hoffen, dass in der Rückrunde alles besser werden wird. Dabei wissen wir doch eigentlich alle, was nach solchen Leistungen – oder vielmehr Leistungsverweigerungen – am Ende der Saison passieren wird. Bis dahin werden wir den VfB begleiten – und noch viel weiter, wo immer das auch sein wird.

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