Ein gemütlicher, fauler Sonntag im Januar, der Heizkörper hinter mir blubbert vor sich hin, vor mir steht eine längst kalt gewordene Tasse Kaffee. Mein Kopf ist schwer von all den Gedanken darin. Der VfB hat gewonnen, es sollte einfach sein, diese Zeilen zu schreiben. Aber das ist es nicht. Hier und jetzt ist es gar sehr viel schwerer, die richtigen Worte zu finden. Es geht nicht um 90 Minuten, die es zu beschreiben gilt, um ein zähes Spiel mit einem glücklichen Sieg. Es geht um die Verarbeitung unverarbeiteter Emotionen, die so viele Jahre schon als vergessen gegolten hatten.

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Über Emotionen schreibe ich nun schon so lange, dass bisweilen jeder weiß, dass diese alles andere als rational sind. Und von all diesen Emotionen wiegt auch am Tag danach keine andere so schwer wie die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Es sind solche Geschichten, die der Fußball schreibt: da kehrt er nach über acht Jahren zu seinen Wurzeln zurück, wird von den allermeisten mit offenen Armen empfangen und ist im ersten Pflichtspiel für den VfB maßgeblich am Siegtreffer beteiligt. Schöner kannst du es dir nicht ausdenken. Und dann gibt es noch mich, die sich fragt: „Warum ausgerechnet er?“

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Ob man es zugibt oder nicht: jeder Mensch hat Vorsätze für das neue Jahr, oder zumindest eine vage Vorstellung davon, was er besser machen will als in den zwölf Monaten zuvor. Für mich persönlich wäre da erstmal mein neuer Job, dessen erste Woche ich nun begeistert hinter mich gebracht habe. Dann wäre da noch das Kürzerfassen bei meinen Spielberichten, sofern dies möglich ist. Doch was ich gestern wieder gemerkt habe, ist eine nicht ganz triviale emotionale Klemme. Ich muss über das hinweg kommen, was im Mai 2009 passiert ist. Und so gerne ich mich auf die neue Situation einlassen will, so fällt dies doch schwerer als gedacht.

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Wenig Zeit zum Nachdenken

Als zwei Tage vor Weihnachten kund getan wurde, dass Mario Gomez zum VfB zurückkehrt, zog es mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weg. Ich war darauf nicht vorbereitet, weder auf seine Rückkehr, noch auf die Emotionen, die ich vor über acht Jahren empfand, als auf der VfB-Webseite die Überschrift zu lesen war „Mario Gomez verlässt den VfB“. Im Laufe der Jahre habe ich viele Spieler kommen und gehen sehen, die meisten meiner Mitmenschen machen das bereits schon viele Jahre oder gar Jahrzehnte länger mit.

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Als er ging, hätte ich schnell lernen müssen, dass Fußball nicht mehr ist als ein Geschäft und dass es keine Romantik mehr in diesem Sport gibt. Aber wenn es sie angeblich nicht mehr gibt, wie ist dann zu erklären, dass der Jubelschrei des Neckarstadions so viel lauter war als bei so vielen anderen wichtigen Toren, die man hier vor heimischer Kulisse bejubeln durfte? Eines Tages würde ich die Frage beantworten müssen, was ich denn tun würde, wenn er in seinem neuen alten Trikot ein Tor macht. Jubeln? Schweigen? Oder ein bisschen was von beidem?

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Eine kurze Winterpause war vorbei und eine Antwort darauf hatte ich noch nicht parat. Zu wenig Zeit war gewesen zum Nachdenken, Durchschnaufen und Krafttanken, auch gab es schlichtweg andere Prioritäten in den zurückliegenden Wochen, von denen der Fußball mit Sicherheit keine davon war. Die Rückrunde sollte beginnen mit einem Heimspiel gegen die Hertha, gegen die man im Hinspiel verdient, aber dennoch unnötig verloren hatte. Klar ist, wir müssen noch viele Punkte holen, um uns des Klammergriffs des Abstiegskampfs entledigen zu können. Klar ist aber auch, dass wir dafür vieles besser machen müssen als in den letzten Monaten. Unklar ist, welche Rolle der Rückkehrer dabei spielen wird.

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Ein ganz besonderes Spiel

Alle Augen waren auf ihn gerichtet, vom ersten bis zum letzten Moment. Es spricht für sich, dass sowohl das erste als auch letzte Bild auf meiner gestrigen Speicherkarte von ihm sind. So ganz unrecht hatte ich damit schließlich nicht, nicht nur für die Fans würde er alleine im Mittelpunkt stehen. Ohne Frage eine womöglich auch gefährliche Situation, sich von einem Spieler alleine abhängig zu machen, aber das werden die kommenden Wochen zeigen. Uns gegenüber im Gästeblock standen mit Sicherheit auch viele Karlsruher, die dritte Liga hatte schließlich noch nicht begonnen und die Freundschaft zu den Berlinern ließ den Rückrundenauftakt mal eben zum Hochrisikospiel werden. Dem Vernehmen nach blieb es gestern weitgehend ruhig.

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Da war ich nun wieder. Dick eingepackt mit Thermo-Strumpfhose und Stiefeln samt dicker Jacke und Schal. Beladen mit der Kamera-Ausrüstung lief ich wie jedes Mal die Treppe zu meinem Platz hinunter. Für einen kurzen Moment kam der Gedanke hoch, wie das damals war, kurz bevor ich mir in jenem schicksalhaften Sommer 2009 die Dauerkarte geholt hatte. Das Stadion war (gefühlt) ein anderes. Die Mannschaft war eine ganz andere. Mein Leben war ein ganz anderes. Als Mario Gomez den VfB einst verlassen hatte, trieb mich der Trotz und jede Menge verletzter Stolz zur Entscheidung, mir eine Dauerkarte zu holen, um den Gerüchten Einhalt zu gebieten, ich würde ihm nach München folgen. Viel ist seitdem passiert. Und dennoch gibt Dinge, die sich wohl nie wirklich geändert haben.

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Richtige Lust auf das Spiel hatte ich keine, auf das Daheimbleiben aber sogar noch weniger. Schon bald, nachdem ich meinen Platz eingenommen hatte, kam die Mannschaft zum Aufwärmen aufs Feld und schon bald musste ich mich abwenden und mich zu meinen beiden Freundinnen Isabell und Mareike umdrehen: „Ich kann da nicht hinsehen“ – „Wieso? Wegen Gomez? Ich freu mich ja, dass er wieder da ist. Du nicht?“ – und ich hatte nicht einmal eine richtige, ehrliche Antwort auf diese Frage. Nachdem Simon Terodde zum direkten Konkurrenten nach Köln abgegeben wurde, brauchte es selbstverständlich einen neuen Stürmer. Und von allen unverarbeiteten Traumata musste es das sein, dass mir einst am meisten weh getan hat.

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Alle auf Gomez – ein Himmelfahrtskommando?

Er alleine muss es richten, so fühlt es sich an. Nicht wenige fragten sich (und fragen sich bis heute), warum es der VfB in der ersten Liga nicht geschafft hat, sein Spielsystem so auf Simon Terodde zuzuschneiden, so dass dieser aus dem Mittelfeld mit Flanken gefüttert werden kann. Hätte es besser funktioniert, wenn Hannes Wolf sein System frühzeitig noch besser auf ihn zugeschnitten hätte? Wir werden es nie erfahren. Stattdessen bleibt nun das Geschmäckle, dass er seine Tore woanders macht und prompt – zum Zeitpunkt dieser Zeilen – mit seinem ersten Torschuss für Köln das Derby entschieden hat. Noch ist viel Abstand zwischen dem VfB und dem FC – aber wir alle wissen, wie schnell es in der Bundesliga im Keller zugehen kann.

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57.181 Zuschauer hatten sich an diesem doch überraschend kalten Samstagnachmittag auf den Weg nach Bad Cannstatt gemacht, um dem VfB dabei zuzuschauen, wie er denn in die Rückrunde starten würde. Bei den Heimspielen gab es nur wenig Grund zur Klage, dafür umso mehr bei den Auswärtsspielen, die uns eine letztlich eher unbefriedigende Tabellenplatzierung beschert hatten. Alles sollte besser werden, aber wie wollte man das erreichen? Vieles vermag bislang Kopfsache zu sein, da haben die letzten paar Spiele vor der Winterpause nicht unbedingt dazu beigetragen. Umso mehr bedarf es eines erfolgreichen Starts in die Rückrunde, fast genauso wichtig wie ein guter Start in die Hinrunde.

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Manchmal rückt der Fußball in den Hintergrund. Das gewohnte Fahnenmeer in der Cannstatter Kurve zum Einlaufen der Mannschaften gab es nicht, ebenso wenig die akustische Unterstützung. Traurigerweise hat das Commando Cannstatt in diesen Tagen einen tragischen Schicksalsschlag zu verkraften: Zölli, jahrelanger Trommler bei den Ultras, hat den Kampf gegen seine aggressive Krankheit verloren. Noch beim letzten Heimspiel gegen die Bayern hatte man Hoffnung, er würde es schaffen, doch die Krankheit war zu stark für ihn. Andächtig schwieg die Kurve, das gesamte Stadion, selbst der Gästeblock inklusiver der größten Feinde der Fanszene, erwies ihm die letzte Ehre. Erst nach einigen Minuten erstrahlte die Kurve mit ihren Fahnen und Gesängen im gewohnten Glanz, doch der schwere Schatten der Trauer blieb während des ganzen Spiels.

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Torlos und mutlos im ersten Durchgang

Der Ball rollte und für einen kurzen Augenblick stoppte mein Herz, als ich durch den Sucher meiner Kamera schaute und meinen Blick auf das Tor vor der Untertürkheimer Kurve gerichtet hatte. Was wäre hier nur los gewesen, wenn dieser Ball nur wenige Zentimeter weiter rechts im Netz gelandet wäre? Ich hätte genau gewusst, wer es gewesen wäre, denn ich hatte das Bild davon direkt vor meinem Auge. Sechs Minuten waren vorbei und beinahe hätte Mario Gomez getroffen. Sechs Minuten. Ich habe schon so manches Raunen in den Reihen des Neckarstadions vernommen, das hier war dennoch seltsam anders. Dass der Ball in der 33. Minute sogar im Netz war, Mario Gomez aber wegen hauchdünnem Abseits zurückgepfiffen wurde, minderte die seltsame Vorahnung in meinem Kopf allerdings nicht.

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Hannes Wolf hatte sich das mit Sicherheit irgendwie anders vorgestellt. Der Ball rollte weiter und es sah nicht unbedingt nach dem aus, was unser sympathischer Coach sehen will. Wenig Mut und Leidenschaft, etwas mehr hätte es dann auch im ersten Durchgang durchaus sein dürfen. Auch von der Hertha kam nicht viel, aber das muss im Zweifel nichts heißen, wie wir schon oft gegen die Berliner erleben mussten. Jedem dürfte klar gewesen sein, wie zäh dieses Spiel werden würde und dass ein einziger Moment der Unkonzentriertheit ausreicht, um auf die Verliererstraße zu kommen, denn dafür ist die Hertha einfach viel abgezockter als wir es sind.

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Nun würde der VfB auf das Tor vor der Cannstatter Kurve spielen. Dort, wo schon so viele unfassbare Siegtreffer gefallen sind. Noch hatte ich kein rechtes Gefühl dafür, wie das Spiel ausgehen würde, weder in die eine, noch in die andere Richtung. Allerdings, wenn der Siegtreffer für den VfB fällt, dann wäre ich nicht überrascht, wenn es Mario Gomez gewesen wäre, einfach weil, Dings, und so. Ich hätte nie freiwillig ausgesprochen, dass ich es mir wünschen würde, aber bereit war ich dafür noch nicht. Aber wenn nicht heute, wann dann?

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Dreitausend Tage

Erst zu Beginn der zweiten Halbzeit würde der VfB mutiger werden, was einer womöglich etwas lauteren Kabinenansprache von Hannes Wolf geschuldet war. Die Hertha versteckte sich und gab dem VfB den Raum, den er zum Ausspielen weiterer Möglichkeiten nutzen konnte. Fallen wollte das Tor aber nicht, der letzte Pass war einfach nicht da und wenn sich Chadrac Akolo, der sich vermutlich nicht allzu gerne an sein letztes Spiel an dieser Wirkungsstätte erinnert, die Zeit genommen hätte, den Ball in der 64. Minute ordentlich anzunehmen statt wie von Sinnen volley draufdreschen zu wollen, hätte man bereits früher in Führung gehen können. Es war fast so, als traute sich kein anderer, das Tor zu machen, als wollte man ihm den Vortritt lassen.

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3157 Tage ist es her, seit er zuletzt das Trikot mit dem roten Brustring trug. Viel Wasser ist seither den Neckar hinunter gelaufen, und dennoch war es fast so, als wäre er nie weg gewesen. Diese unfassbare Präsenz im Strafraum habe ich sonst von fast keinem anderen Stürmer in unseren Reihen gesehen und als ich ihn beobachtete und gleichzeitig fast schon beschämt versuchte, ihn nicht zu beobachten, fühlte es sich an wie damals, im Frühsommer 2009, als er wöchentlich die Tore schoss und man bis zum Schluss in der Verlosung um die Meisterschaft war.

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Wie stolz ich einst mein neu erworbenes Gomez-Trikot in die Kamera hielt, zwei Stunden vor dem euphorischen Heimsieg gegen Wolfsburg, werde ich vermutlich niemals vergessen können. Drei Wochen später musste ich mit ansehen, wie er uns verlassen hatte und nach München wechselte. Eine (mittlerweile) sportlich nachvollziehbare Entscheidung, für mich jedoch ein Tiefschlag, dem ich ihm bis heute nicht richtig verzeihen konnte. Ihn beim FC Bayern spielen zu sehen, wie er gegen uns getroffen und sich nach anfänglicher Zurückhaltung dann doch gefreut hatte, habe ich nur schwer ertragen können. Umso beruhigter war ich, als er aus dem Blickfeld der Bundesliga verschwand und ins Ausland wechselte. Den Moment, damit richtig abschließen zu können, hatte ich schon längst versäumt – der wäre nämlich im Mai 2009 gewesen. Trotz aller Frustration und Enttäuschung, die noch in mir war, abhaken konnte ich es nicht. Nicht einmal im Alter von über 30 Jahren und über fünf Jahren Allesfahrerei. Ich sollte es besser wissen. Eigentlich.

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Neues aus dem Kuriositätenkabinett

Zwölf Minuten plus Nachspielzeit waren noch zu spielen, da ereignete sich an der Strafraumgrenze eine der absurdesten, seltsamsten und verwirrendsten Situationen, die das Stadion in den letzten Jahren gesehen hat. So richtig gesehen habe ich es nicht, weil ich eine Sekunde zuvor meine Kamera auf die Kurve gerichtet hatte, ich sah im Augenwinkel nur einen unserer Spieler im Zweikampf mit einem Berliner, ein Foul, ein Sturz, ein kollektiver Aufschrei. Alle rissen die Arme nach oben, die Fans, die Mitspieler, das Trainerteam, einfach alle. Das muss doch Elfmeter geben? Vor Wut schäumend konzentrierte sich alles auf Dr. Felix Brych, schimpfte, pöbelte, reklamierte. Und dann kam Jubel auf, so plötzlich und so laut, das konnte nur Elfmeter bedeuten.

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Mein Blick ging wieder zum Unparteiischen, der jedoch mit seiner Hand Richtung Anstoßpunkt zeigte, während sich einige Meter weiter links ein alter Bekannter im weißen Trikot davon machte. Ich blickte gar nichts mehr. Was war denn hier passiert? Ich habe nicht einmal gesehen, dass noch ein Ball im Spiel war, und erst die Fernsehbilder auf der Anzeigetafel würden für die allermeisten Aufschluss geben, wie das Tor überhaupt gefallen war. Im Zweikampf wollte Niklas Stark noch den Ball wegspitzeln, während alle anderen schon nach einem Strafstoß geschrien hatten. Den hätte der VfB mit recht hoher Wahrscheinlichkeit auch bekommen, wäre der weitere Verlauf der Situation nicht so gewesen, wie er war.

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Die Tormelodie ertönte über die Lautsprecher und aus der kollektiven Verwirrung wurde euphorischer Jubel. Ich musste nicht einmal abwarten und schauen, wer daran beteiligt war, die Lautstärke der Begeisterung um mich herum war über jeden Zweifel erhaben. Es konnte nur der eine sein, so wollte es das Gesetz. Ich konnte nicht jubeln, ich war versteinert. Wie angewurzelt stand ich da, verzog keine Miene und starrte mit weit aufgerissenen Augen die Anzeigetafel an, auf der Mario Gomez als Torschütze gefeiert wurde, auch wenn er es recht eindeutig nicht selbst geschossen hat.

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Right in the feels

Meine Gefühle fuhren Achterbahn, doch ich stand immernoch regungslos da. Das erste, was ich bewegen konnte, waren meine Augenlider, in dem Moment, als Holger Laser von den Fans den Namen des (Nicht-ganz-)Torschützen schreien ließ. Ich schloss meine Augen und musste zulassen, wie mich dieser unheimlich laute Aufschrei des Namens „Gomez“ bis ins tiefste Mark getroffen hatte. Dass mir in just diesem Augenblick eine Träne über die Wange rollte, dürften die wenigsten mitbekommen haben, da sie viel zu beschäftigt waren, das späte Führungstor zu feiern. Noch Stunden später würde ich mir mit einem Kloß im Hals die Bilder ansehen, auf denen er gefeiert wird, wie er sich freut und wie man es ihm ansehen kann, wie glücklich er sein muss, wieder zuhause zu sein.

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Viel passierte nicht mehr, bis auf diesen ominösen letzten Eckball am Ende der Nachspielzeit, als Rune Jarstein mit nach vorne gegangen war und sich unweigerlich dieses komische Bauchgefühl des drohenden Ausgleichs zu Wort meldete. Nur noch diese eine Situation überstehen, dann wäre der erste Sieg der Rückrunde perfekt. In weitem Bogen flog der Eckball vors Tor, und erst als er weggedroschen wurde, machte sich zeitgleich zum Abpfiff die große Erleichterung breit. Erst jetzt konnte ich jubeln, aber zu welchem Preis? Ich sollte mich total freuen und ich fühlte mich so merkwürdig benommen, dass es auch weit über 24 Stunden später noch immer schwer fällt, darüber zu schreiben.

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Die Mannschaft machte sich auf in Richtung Cannstatter Kurve. Ganz langsam, erschöpft, nur einer ist jedem ins Auge gefallen, der über beide Ohren lachende Mario Gomez. Ich hätte nie gedacht, ich würde ihn im Brustringtrikot jemals wiedersehen, und ebenso wenig dachte ich, ich wäre gefühlt die einzige, die sich historisch bedingt nicht sofort über alle Maßen freuen würde. Das Tor hat er nicht gemacht, aber ohne ihn wäre es nicht gefallen. Bei aller Freude über den Sieg, ich weiß noch nicht so ganz wohin mit den Emotionen. Bis in die Abendstunden hinein saß ich an meinen Bildern und hörte online noch ein wenig Radio und kurz bevor ich fertig war und den Rechner herunterfahren wollte, musste mich Cat Stevens noch an das erinnern, was mir seit über acht Jahren nicht aus dem Kopf gehen wollte: The first cut is the deepest.

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