Gut anderthalb Monate war es her, dass in Wolfsburg der letzte Vorhang gefallen war und den VfB in die Niederrungen der zweiten Liga beförderte. Viel zu lange hatte man keine Mittel gefunden, aus einem anfänglich harmlos wirkenden Zeitraum verlorener Spiele wurde eine ernsthafte Krise, immer lauter wurden die Gedanken, dass in diesem Jahr der Abstieg unausweichlich war. Was hatte ich in den letzten Jahren nicht immer wieder davon gesprochen, dass es gerade dieses Mal schief gehen würde, irgendwas oder irgendwer hatte uns bisher immer retten können. Nicht so in jenem tristen Frühsommer 2016.
Es war zu spät. Wir mussten den Tatsachen ins Auge blicken. Halbleere Stadien, mäßig gute Gegner, kaum Stimmung, schlechte Spiele, wenngleich die Wahrscheinlichkeit wohl nie so hoch war, ein paar davon sogar zu gewinnen. Sofern es bei nur einem Jahr bleiben sollte, könnte man sich die zweite Liga noch ein kleines bisschen schönreden, wie sehr wir alle am Abstieg zu knabbern hatten, das stand ohne Zweifel außer Frage. Egal wie, aber wir mussten das Beste daraus machen.
Das Testspiel bei der SG Sonnenhof Großaspach, dem Dorfverein nordöstlich von Stuttgart, sollte uns schließlich auf künftige Gegebenheiten vorbereiten: 10.001 Plätze (ist der eine Platz für Andrea Berg?), keine Stimmung von der Heimseite, schlechte Infrastrukturen und eine matschige Wiese als Parkplatz für die Zuschauer. Was für das Publikum Großaspachs ausreichend ist, sollte uns einen Vorgeschmack geben, vor allem auf die anstehenden Spiele in Sandhausen, Heidenheim, Aue und Würzburg.
Entspannte Atmosphäre beim siegreichen Testspiel
Die Gastgeber hatten in der dritten Liga zum Saisonauftakt gebeten und luden den nahe gelegenen Absteiger aus Stuttgart dazu ein, eine Win-Win-Situation für beide Vereine, ein namhafter Club als Gegner für die Aspacher, eine kurze Anreise für den VfB und die Fans aus dem Umland, denen der Weg ins 34 Kilometer entfernte Großaspach zu weit ist. Eine entspannte Atmosphäre, ein Mix von Sonne und Wolken und unzählige Familien mit Kindern, es roch nach Wurst und Bier, so wie es immer beim Fußball sein sollte. Da saßen wir nun, auf den grauen Sitzschalen der mechatronik Arena und warteten auf den Anpfiff eines bedeutungslosen Testspiels, das wir trotzdem ganz entspannt anschauen wollten.
Ich erinnerte mich, als wir das letzte Mal hier waren, ging es um weit mehr: das Konzert von Robbie Williams (dem ich selbst beiwohnte) zwang den VfB zum Umzug nach Großaspach, um dort das Europa League Qualifikationsspiel gegen Botev Plovdiv zu bestreiten. Viel mit Ruhm bekleckert hatte sich der VfB nicht, ein einziges Tor hätte das Aus bedeutet, noch bevor die internationale Saison begonnen hätte. Das holten sie dann dafür 20 Tage später nach, beim Heimspiel gegen Rijeka in den Play-Offs.
Ein Esel als Maskottchen des Dorfvereins wurde durch den Innenraum geführt, während sich das Stadion füllte, die Gastgeber stellten ihren vorläufigen Kader für die anstehende Drittliga-Saison vor und wir genossen mit Freunden einen entspannten Nachmittag. Niemand konnte erwarten, dass zu diesem Zeitpunkt schon alle Spielzüge stimmen, aber schon erste Ansätze konnte man entdecken beim Neuzugang Simon Terodde. Daran konnte nicht einmal der zwischenzeitliche Ausgleich der Hausherren etwas ändern, nach 90 Minuten ging der VfB als Sieger des Testspiels hervor und ließ uns nur vage vermuten, was in der Zweitliga-Saison auf uns warten sollte.
33 Jahre, gebürtig aus Leipzig, seit 2010 wohnhaft in Stuttgart – Bad Cannstatt. Dauerkartenbesitzerin, Mitglied, ehemalige (Fast-)Allesfahrerin und Fotografin für vfb-bilder.de. Aus Liebe zum VfB Stuttgart berichte ich hier von meinen Erlebnissen – im Stadion und Abseits davon.
Mehr über mich
Neueste Kommentare