So langsam beginne ich zu begreifen. Es ist tatsächlich vorbei, es ist überstanden, der VfB bleibt erstklassig. Gezeichnet von den Strapazen einer weitgehend frustrierenden und enttäuschenden Saison sickert auch bei mir nun langsam die Erkenntnis durch, dass ich jetzt loslassen kann. Alle Sorgen, aller Kummer, alle Angst, ich kann loslassen. Wohin nur mit all diesen Emotionen? Wie soll man nur über jene Emotionen schreiben, die man mehr als 24 Stunden später noch nicht einmal vollständig verdaut hat?
Fassungslos stand ich da. Wenige Sekunden, bevor Manuel Gräfe die Partie beenden konnte, riss es uns den Boden unter den Füßen weg. Noch einmal Freistoß für den HSV, das 1:1 würde uns nicht reichen, das wussten wir. Raffael van der Vaart trat an, bange Blicke in der Cannstatter Kurve, der Angstschweiß saß uns auf der Stirn. Da flog er, der Ball, direkt auf den Kopf von Gojko Kacar, der nur noch einnicken musste. Daniel Schwaab war den einen Schritt zu spät, Sven Ulreich war ohne Chance. Bruno Labbadia kannte kein Halten mehr und rannte zur Eckfahne, wo der Torschütze zum 1:2 unter einer Jubeltraube von Hamburgern begraben wurde.
Man möchte meinen, an solchen Tagen fällt das Schreiben so viel leichter. Das stimmt nicht so ganz, der Sonntagnachmittag ist bereits vorangeschritten, hinter mir scheint die Sonne durchs Fenster, fast so, als würde sie für meine aktuelle Stimmungslage stehen. Vergangene Woche regnete es unablässig, als ich jene bitteren Zeilen niederschreiben musste am Tag nach dem gefühlten Abstieg auf Schalke. Wie nah Ernüchterung und Wahnsinn beieinander liegen, beweist uns der VfB immer wieder aufs Neue – ob wir das nun wollen oder nicht.
Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr. Hier sitze ich nun, ein weiteres Fußballwochenende voll komplett desaströster Ergebnisse liegt hinter mir. Mit einem dicken Kloß im Hals schaue ich auf die Tabelle des 31. Spieltags. Heute morgen lag ich noch eine Stunde im Bett und starrte regungslos die Decke unseres Schlafzimmers an. Wie sollte ich mich nach so einem Spiel aufraffen, mich an den Rechner setzen und das niederschreiben, was jedem VfB-Fan so sehr schmerzt? Stunden später habe ich noch nicht einmal eine einzige Seite vollgeschrieben. Genau genommen: erst 628 Zeichen in über neun Stunden.
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