Nichts wiegt schwerer als der Frust am nächsten Tag. Wie gerne ich nun darüber schreiben würde, dass es der VfB geschafft hat, all jene Patzer der Konkurrenz auszunutzen und den Sprung auf den Relegationsplatz geschafft hat. Hannover: Verloren. Paderborn: Verloren. Freiburg: Verloren. Eine Steilpassvorlage, die man nur noch über die Linie zu drücken brauchte. Wir reihten uns letztendlich ein in die Riege der Abstiegskandidaten, die keine Punkte geholt hatten. Nun müssen uns die lange Zeit gefürchteten Heimspiele retten. Die Spiele werden weniger und wöchentlich schwanke ich zwischen Verzweiflung und Zuversicht.
Nun sitze ich hier am Sonntag Nachmittag, mit hängendem Kopf und mit sorgenvollem Blick auf den Kalender und die Uhr. Fünf Spiele bleiben uns nun noch. In einer Stunde wird der HSV in Bremen antreten und es wird sich zeigen, ob nicht wir am Ende des Tags als die größten Verlierer des Spieltags im Regen stehen. Dann wären wir wieder Letzter und genauso weit, wie vor ein paar Wochen. Wir waren voller Hoffnung, in dem Moment, als Daniel Ginczek das 3:2 durch die Beine des Bremer Keepers schoss. Mit einer engagierten Leistung sei alles möglich. Auch gegen den Tabellensechsten.
Es ist etwas passiert in den vergangenen Wochen. Bei einer verunsicherten Mannschaft, die zum Großteil aus Defensiven bestand, wandelte sich das Gesicht zu einem offensiven, mutigen und kämpferischen Team mit vermeintlich größeren Ambitionen als bei den Anderen, die mit uns das Dasein im unteren Tabellendrittel fristen. „Wird schon irgendwie, wenn sie jetzt dran bleiben“, hatten wir am vergangenen Wochenende gesagt. Irgendwie. Aber wie?
Mit leeren Händen zurück nach Hause
Alleine saß ich auf der kalten Betonstufe im Gästeblock. Es war vorbei. Überall lagen zertretene Plastikbecher, Zigarettenschachteln und jede Menge Unrat verstreut. Mittendrin saß ich und wollte nicht aufstehen. Eine Antwort auf die Frage „Warum?“ hat man mir nicht geben können. Schließlich zwang mich Felix zum Aufstehen und so verließen wir das Stadion, zum dritten Mal in Folge mit hängenden Köpfen. Sie hatten es selbst in der Hand und nutzten ihre Chancen nicht, wie oft mich das bereits zur Verzweiflung trieb, vermag ich nicht mehr zählen zu können. Was bleibt, ist purer Frust. Und die Angst vor dem, was vor uns liegt.
Kalt war es geworden, frischer Wind wehte mir um die Nase, den Kragen meiner Jacke tief ins Gesicht gezogen. Die meisten der über 3.000 Schlachtenbummler waren bereits in ihren Bussen, das Feld vor dem Eingang zum Gästeblock war leergefegt. Da stand ich, und starrte ins Nichts. Auf dem Boden lagen weitere kaputte Becher, wütend trat ich immer wieder dagegen. Nicht das Geringste konnte ich daran ändern, dass der VfB hier verloren hat. Und doch gehört sie zu den schmerzhaftesten aller Erfahrungen.
Sechs Stunden zuvor saßen wir noch auf Schloss Scherneck, 12 Kilometer nördlich von Augsburg, bei Speis und Trank zusammen und hatten angestoßen: auf uns, und natürlich den VfB, möge er die drei Punkte mit nach Hause nehmen. Neben uns lief auf einem Flachbildschirm die erste Halbzeit des Spiels Hoffenheim gegen Bayern, neugierig beobachtet von diversen Bayern-Fans in Groß und Klein. Argwöhnisch schielten sie immer wieder herüber, hielten sich aber zurück mit abfälligen Bemerkungen. Noch ein Espresso, dann brachen wir Fünf auf.
Schwaben gegen Schwaben
Die Sonne knallte uns ins Gesicht, doch von den beinahe sommerlichen Temperaturen der letzten Tage verspürte man nicht viel. Der Block war bereits gut voll, viele Stufen musste ich schließlich nach oben steigen, um dann doch noch ein freies Plätzchen zu ergattern und mich auch dann noch mit dem indischstämmigen Ordner diskutieren zu müssen, er solle doch wegen einem Fuß auf der Treppe nicht die Nerven verlieren. Minuten später war die Treppe zugestellt, der Ordner hatte kapituliert und grinste fortan fröhlich vor sich hin und schien Gefallen an den Fangesängen zu finden.
Stolz blickte ich auf die Meinesgleichen, ich schaute in hoffnungsvolle Gesichter und spürte Zuversicht, die uns noch vor einigen Wochen gänzlich abgegangen war und sich mehr als die Hälfte bereits sicher waren, wir würden den Gang in die zweite Liga antreten müssen. Auch ich gehöre zu jenen, die nicht vollends überzeugt waren, man könne doch noch den richtigen Weg einschlagen. Letzte Saison verhalf uns die Dummheit der Konkurrenz zum Klassenerhalt. Ob sich dieses Mal noch mindestens Zwei weitere finden und ob die Jungs es aus eigener Kraft schaffen, wird sich noch zeigen müssen.
Man bezeichnet es landläufig als „Schwaben-Derby“. Württembergische Schwaben gegen bayrische Schwaben. Die einen auf Platz Sechs, die anderen auf Platz Siebzehn. Noch. Die Konkurrenz hatte vorgelegt, man hätte für mindestens einen Tag auf Platz Sechzehn springen können. Hätte. Wenn das Wörtchen „Wenn“ nicht wäre. Nur selten ist auf den VfB Verlass, wenn alle anderen für ihn gespielt haben. Endlich einmal der Nutznießer sein und einen Tabellensprung machen. Das wäre doch mal was.
Erinnerungen ans Hinspiel
An die letzten zwei Auswärtsspiele erinnere ich mich nur noch dunkel, sie wurden Opfer einer erfolgreichen Verdrängung von unsäglichem Frust. Der letzte Sieg lag nun bereits über drei Jahre zurück, es war mein erstes Auswärtsspiel nach der Operation am Knie. Der VfB war damals Fünfter, Augsburg Fünfzehnter. Welch bittere Ironie des Schicksals, wie sich das Blatt nun gewendet hat. Das hatte wohl keiner der Schwaben für möglich gehalten – auf beiden Seiten.
Für das erste Unwohlsein sorgte bereits Tage vor der Partie die Bekanntmachung des Unparteiischen: Thorsten Kinhöfer. Moment mal, da war doch mal was? Hatte der nicht in der Hinrunde nach nicht einmal einer halben Stunde Daniel Schwaab vom Feld gestellt und einen Nie-und-nimmer-Elfmeter gegen uns gegeben? Der Frust war groß, denn das Spiel ging letztendlich mit 0:1 verloren. Der Gegner damals hieß übrigens: Augsburg.
Die letzten Zentimeter des Gästeblocks füllten sich, die letzten Fahnen und Doppelhalter wurden verteilt, es war angerichtet. Der Block M in der Nordkurve zelebrierte seine offensichtliche Fanfreundschaft mit Würzburg, welchen Wert diese Choreographie hatte, kann ich allerdings nicht einschätzen. Lautstark hatten wir sie begrüßt, an uns sollte es auch heute nicht liegen. Wie so oft in den letzten Jahren. So viel Vorleistung in dunklen Zeiten. Ob es der Verein je zurückzahlen kann?
Kurios in Rückstand geraten
In den ersten Minuten wollte nichts so wirklich zusammenlaufen, das spürte ich mit einem unguten Gefühl im Magen. Etwas mehr als fünf Minuten war das „Top-Spiel“ des 29. Spieltags alt, bevor die so prächtig gestartete Unterstützung des Gästeblocks ein erstes Mal ins Stocken geriet. Marwin Hitz schlug den Ball vor, direkt in den lauf von Raul Bobadilla, zu schnell für die Stuttgarter Abwehr. Sven Ulreich rannte heraus, bezeichnend der erste Gedanke eines jeden VfB-Fans: „Gnade Gott!“.
Er klatsche ihn ab, kurz bevor die beiden an der Strafraumgrenze zusammenrasselten. Der Ball kam zu Tobias Werner, der per Direktannahme einschoss. Thorsten Kinhöfer deutete mit dem Arm auf den Anstoßpunkt. Der Treffer zählte. Augsburg jubelte. Das durfte einfach nicht wahr sein. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, jedoch: Wäre der Treffer gegeben worden, wäre es der VfB gewesen? Es sollte nicht das letzte Mal in diesem Spiel sein, dass wir die Unparteilichkeit des Unparteiischen in Frage stellen sollten. Zumindest in dieser Hinsicht setzte Thorsten Kinhöfer seine Linie vom Hinspiel fort.
Das versetzte uns nach gerade einmal sieben Minuten einen schweren Schlag in den Nacken. Umso beeindruckender die prompte Reaktion: kurz geschüttelt, weiter ging es mit der Unterstützung der Mannschaft, die diese doch so dringend nötig hat, besonders in den letzten verbleibenden harten Wochen. Wir sangen lauter und leidenschaftlicher als je zuvor, als wäre es der Führungstreffer des VfB gewesen. Damit taten wir das, was wir auch von unserer Mannschaft erwarten: Weitermachen, und auch nach Rückschlägen niemals aufgeben.
Das magische Viereck
Die ersten zwanzig Minuten waren vorüber, der VfB bereits früh im Rückstand, Augsburg mit mehr Spielanteilen und der Aussicht auf Platz Fünf, während unsere Jungs nur hinterher rannten und hinterher schauten. Sagen wir mal so: es gibt angenehmere Situationen, im Block zu stehen und seine Mannschaft anzufeuern. Man sollte meinen, es sei zu früh, um Panik zu entwickeln. Aber ihr kennt mich ja.
Müsste man vier Spieler nennen, die den größten Anteil am leichten Aufschwung der letzten Wochen haben, so fällt es nicht schwer, diese zu nennen. Ihre Namen lauten Daniel Ginczek, Alexandru Maxim, Filip Kostic und Martin Harnik. Ein magisches Viereck, wenn man so möchte. Letzterer fehlte nach seiner Gelb-Roten Karte, die anderen drei mussten es richten. Der Konter des VfB lief, es gab Freistoß.
Und was für einen. Sofort führte der Rumäne ihn aus und schickte Filip Kostic auf die Reise, der so schnell ist, dass er den Verlust von Ibrahima Traoré vergessen macht. Rechts lief Daniel Ginczek mit, ein Duo, dass sich scheinbar nach langem Warten endlich gefunden hat. Bange Blicke, hoffnungsvolles Raunen und laute Schreie: „Hineiiiiinnnnn!“.
Immer wieder Ginczek
Flatsch. Die nächste Bierdusche. Sei es drum, was gibt es Schöneres. Der Ausgleich war da, der Jubel so ausgelassen, als wäre das erste Tor seit Wochen gefallen. Es steckt Leben in dieser Mannschaft, die viele schon totgeschrieben hatten. Erfüllt sich hier wieder die Mär eines Vereins, der streckenweise so unheimlich schlecht spielen kann, um in den wirklich entscheidenden Momenten zur Stelle zu sein und den Kopf noch aus der Schlinge zu ziehen?
Sah das alles in den ersten zwanzig Minuten noch recht trostlos und unerfreulich aus, entwickelte sich nun eine rassige Partie, ein wildes Hin und Her, dass dem neutralen Zuschauer gefällt, nicht jedoch doch den Fans auf den Rängen. Wir haben genug durchgemacht, warum braucht es immer so viel Drama, wenn der VfB spielt? Die Karten wurden neu gemischt, alles schien nun offen. Die Jungs waren am Drücker – genau wie wir Fans, die die Partie zum Heimspiel machten. Rein gar nichts vernahm man von Seiten des Gastgebers.
Sie hatten ihre Möglichkeiten im ersten Durchgang, doch ließen sie sie liegen. Wir wissen alle, wie schnell sich so etwas rächen kann. Die Erkenntnis sickert spätestens beim Spielende durch, wie viel anders ein Spiel doch hätte laufen können, wenn man doch mehr aus seinen Gelegenheiten gemacht hätte, statt sich später frustriert zu fragen, warum es nicht gereicht hat. Fußball kann manchmal ein so unheimlich nervraubender und deprimierender Sport sein. Vorausgesetzt, man ist ein leidenschaftlicher Fan.
Offenes Visier
Am 1:1 änderte sich bis zum Pausenpfiff nichts. Neben mir drückten sich zahlreiche Fans vorbei, auf dem Weg zum Imbissstand, oder eben von diesem zurück an den Platz. Die üblichen Verdächtigen sollten alle da sein, doch nicht alle vermochte mein Auge am linken Rand des Gästeblocks nicht zu vernehmen. Ein guter Auftritt bisher, leidenschaftlich, kämpferisch, aufopferungsvoll. Und auch die Mannschaft spielte nicht schlecht.
Nach Wiederanpfiff spielte der VfB in unsere Richtung, das Tor aus meiner Sichtweise teilweise verdeckt von den Metallstreben, die den Stehplatzbereich von den Sitzplätzen trennte. Hinter dem Stadion ging die Sonne unter und fiel im geraden Winkel in den Gästeblock ein und blendete uns. Für uns alle begann das verzweifelte Hadern mit den Möglichkeiten, denn nun sahen wir noch besser, wie knapp wir hier letztendlich am Punktgewinn vorbeigeschrammt waren – im wahrsten Sinne des Wortes.
Den Frust des Hinspiels hatte ich beinahe schon verdrängt, so vertieft war ich in die aktuelle Begegnung, die uns in der Hinrunde eine unfassbar unverdiente 0:1-Niederlage eingebracht hatte. Zu beschäftigt war ich damit, zu singen, zu hüpfen und natürlich um Fotos zu machen. Die Zeichen standen auf Sieg, nur die Tore sollten nun im zweiten Durchgang fallen. Der Glaube war zurück, nichts mehr zu sehen von jener Angst, ein überlegen geführtes Spiel doch noch zu verlieren. Wir wurden eines Besseren belehrt.
Statistikspiele
Thorsten Kinhöfer hatte das Hinspiel offenbar noch nicht verdrängt und machte da weiter, wo er vor 146 Tagen aufgehört hatte: mit einer mehr als abenteuerlichen Auslegung von kleinen Nicklichkeiten, der zwölfte Mann der Augsburger pfiff nahezu alles ab, was gegen die Gastgeber ging, doch selten das, was gegen uns ging. Sei ich nach der Partie zwar der festen Überzeugung gewesen, wir sind verpfiffen worden, so kann man es nicht an ihm festmachen. Das Bein hatte sich der VfB schon selbst gestellt.
Verzweifelt trieben wir sie an, 3.000 VfB-Fans, die nichts sehnlicher wollten als den zweiten Sieg in Folge und den direkten Sprung auf den Relegationsplatz. Immer wieder war ein Fuß, ein Kopf oder ein Kinhöfer dazwischen. Es wollte einfach nicht fallen. Die Uhr tickte gnadenlos. Weiterhin vernahm man nichts von der gegnerischen Nordtribüne der Augsburger, die hier ja eigentlich ein Heimspiel im Kampf und den Europapokal hatten, so dachte ich jedenfalls.
Seit September 2013 hatte der VfB keine zwei Spiele hintereinander gewonnen, auf ein sensationelles 6:2 gegen Hoffenheim folgte ein knappes 1:0 gegen Berlin. Thomas Schneider war unser Trainer, auf ihn folgten Huub Stevens, Armin Veh – und wieder Huub Stevens, der Wandel die einzige Konstanz eines einst so schillernden Traditionsclubs. Die Aussicht auf den zweiten Sieg in Folge sollte beflügeln, doch bevor sie das konnte, entriss man uns die Flügel und rupfte die zarten Federn aus unseren Leibern.
Handspiel mit Hindernissen
Wie nasse Hunde standen wir da. Im Angesicht des Grauens, in unseren Ohren erklang die schon aus Kindertagen bekannte Melodie der Augsburger Puppenkiste. Aus dem Nichts fiel es dann doch, das eine Tor, von dem wir gehofft hatten, es bliebe es uns erspart. Den Distanzschuss von Daniel Baier hätte Sven Ulreich doch einfach nur festhalten müssen. Er klatsche ihn ab, wie schon vor dem 0:1 aus Stuttgarter Sicht. Während die Abwehr den Ball schon hinter der Torauslinie wähnte und gedanklich schon beim Eckball war, schalteten die Gastgeber dieses eine Mal schneller.
Sven Ulreich konnte nur noch hinterher schauen, wie der Ball hinter ihm im Netz einschlug. Erst jetzt vernahm man auch akustisch die heimischen FCA-Fans. Und wir? Wir waren verstummt. Schon bald wurde erneut gesungen, doch die Hoffnung hatten hier viele bereits aufgegeben. Raul Bobadilla ließ sich feiern und trug sich als dritter Torschütze des Spiels ein. Wehmütig blickte ich auf Daniel Ginczek und bemühte einen letzten verzweifelten Versuch meiner imaginären telepathischen Fähigkeiten: „Hey, Doppelpacker, wie wärs, wenn du jetzt noch…?!“. Er hörte mich nicht.
Da war sie wieder, die böse Erinnerung ans Hinspiel. Georg Niedermeier kam im Strafraum an den Ball, drosch aufs Tor, ohne Rücksicht auf Verluste. Jeong-Ho Hong stand ihm im Weg, sofort reklamierten sowohl die Spieler als auch der kollektive Gästeblock „Haaaaand!“. Thorsten Kinhöfer hatte für genau das gleiche Handspiel (angelegter Arm!) im Hinspiel den letztlich entscheidenden Elfmeter und den damit verbundenen Siegtreffer in der 72. Minute gegeben. Wir schrieben nun die 77. Minute. Seine Pfeife blieb stumm. Im Fußball gleicht sich eben doch nicht immer alles aus.
Ein Fehler zu viel
Sie rannten weiter an, doch es sollte nicht sein. Nach 94 Minuten pfiff er ab. Lange sammelten sie sich am Mittelkreis, die kleinen Kinder der Augsburger Spieler rannten über das Feld, als sei der letzte Spieltag der Bundesliga vorbei. An ihnen vorbei trotteten unsere Jungs, sichtlich geknickt, wie könnte es ihnen auch egal sein. Sie haben sich zusammengerauft und standen nun doch wieder mit leeren Händen da. Verübeln konnte man es ihnen nicht. „Niemals aufgeben, Kämpfen und Siegen!“ schallte es vor 30.660 Zuschauern aus der einen Ecke des Stadions.
Dieser eine Fehler, den man am Ende mehr gemacht als die Gastgeber, stellte die Kräfteverhältnisse auf dem Platz auf den Kopf. Seien sie über die komplette Saison zweifelsohne besser gewesen als die Träger des roten Brustrings, so waren sie es nicht unbedingt in dieser einen Partie. Umso größer die Enttäuschung, dem Glückstreffer so nah gewesen zu sein. Zum einen begünstigt durch die interessante Interpretation der Spielleitung, zum anderen durch das Liegenlassen hochkarätiger Chancen.
Sie traten drauf, als wir am Boden lagen. Mit „Zweite Liga, Stuttgart ist dabei“ feierten sie den kurzfristigen Sprung In Sachen Kampf konnten wir ihnen keinen Vorwurf machen. Wohl aber bei der Torausbeute, die gut und gerne für ein 1:4 hätte reichen können. Fünf Spiele bleiben uns noch, das rettetende Ufer oder zumindest den Relegationsplatz zu erreichen, wo uns jedoch schlimmstenfalls der ungeliebte Rivale aus dem Badnerland erwartet. Die Aussichten könnten besser sein. Schlimmer allerdings auch.
Halb so wild – oder doppelt so blöd?
Lange standen wir noch auf dem Parkplatz, der in einer Thermoskanne abgefüllte Zitronentee war noch weitgehend heiß gewesen, genau das richtige bei den mittlerweile deutlich kühleren Temperaturen, die Felix unbeeindruckt mit kurzer Hose erduldet hatte. Nach Mitternacht erreichten wir das heimische Nest in Bad Cannstatt. Bevor ich gegen zwei Uhr nachts ins Bett sank, machte ich noch meine Bilder fertig, so wie ich es immer tue. Mit einem Lächeln im Gesicht wäre die Arbeit so viel einfacher gefallen.
Lange haderte ich am Sonntag mit meinen Worten und kam nicht so weit, wie ich eigentlich kommen wollte. Dabei wusste ich, dass die Ablenkung am Nachmittag zu groß sein würde, um konsequent Wort für Wort niederschreiben zu können. Die letzte Partie der Abstiegskandidaten sollte meine Aufmerksamkeit ungewollt einfordern, das Nordderby zwischen Bremen und Hamburg würde noch zeigen, wie sehr diese Niederlage noch schmerzen könnte. Das Nervenkostüm bekam weitere Kratzer, der Siegtreffer für Bremen fiel sechs Minuten vor Schluss.
Wie ist sie also einzuordnen, die Niederlage bei den bayrischen Schwaben? Halb so wild, weil alle anderen auch verloren haben? Oder vielleicht sogar genau deswegen doppelt enttäuschend, weil man die Steilpassvorlage der Mitkonkurrenten genauso ungenutzt ließ wie die vielen Möglichkeiten in Augsburg? Die Antwort darauf vermag sich am Ende des Tages ein jeder VfB-Fan selbst geben. Uns erwartet nun ein heißer Tanz gegen Freiburg. Heimspiel. Wer hätte gedacht, dass uns gerade das in dieser Saison Hoffnung machen würde.
33 Jahre, gebürtig aus Leipzig, seit 2010 wohnhaft in Stuttgart – Bad Cannstatt. Dauerkartenbesitzerin, Mitglied, ehemalige (Fast-)Allesfahrerin und Fotografin für vfb-bilder.de. Aus Liebe zum VfB Stuttgart berichte ich hier von meinen Erlebnissen – im Stadion und Abseits davon.
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