Machen wir uns nichts vor: Für uns VfB-Fans war es kein gutes Jahr. Im Gegenteil. 365 Tage, in denen uns der Verein unsere Zeit, viel Geld und nicht zuletzt den letzten Nerv gekostet hat. Viel Gutes ist wahrlich nicht geschehen, abgesehen von der VfB-Dokumentation „Fußballfieber“ und ein paar wenigen weiteren Highlights erwies sich das Jahr als anstrengend, frustrierend und traurig. Auf all das und noch viel mehr möchte ich nun zurückblicken.
* * * * * * * * * * * *
JANUAR
Zurück zu den Wurzeln. Über den Jahreswechsel waren wir in meine alte Heimat nach Leipzig geflogen und holten dort nicht nur eine späte Bescherung nach, trafen viele alte Freunde von mir, sondern feierten schließlich im kleinsten Kreise noch Silvester zusammen. Es war ein entspannter Abend, bei dem gut 100 Euro Feuerwerk im wahrsten Sinne des Wortes in den Wind geschossen wurde.
Auch das traditionelle Fotografen-Treffen mit den Jungs von vfb-bilder.de stand an, erneut ging es zum Bowling nach Böblingen. Wieder machte es unheimlich viel Spaß mit den Kollegen und Freunden im kleinen Kreis. Felix und ich würden auch in diesem Jahr bei möglichst jedem Spiel dabei sein und die Flagge hochhalten, immer wieder unterstützt von den anderen.
Der VfB reiste währenddessen nach Südafrika, ins – ich zitiere – „Beste Trainingslager aller Zeiten“. Auf Facebook & Co. Gab es zahlreiche Fotos zu sehen, von der Zelle, in der Nelson Mandela sein Dasein fristete, waghalsige Fotos von der Spitze des Tafelbergs, beim Paragliding, usw. Was dabei ganz offensichtlich zu kurz kam, war das Training selbst, denn mehr als eine Marketingaktion schien das Trainingslager nicht gewesen zu sein. Die nächsten Wochen sollten das erst noch zeigen.
Auch geschäftlich gab es einschneidende Veränderungen. Nach gut drei Jahren in der Sindelfinger Altstadt trennte sich mein Chef von seinem Geschäftspartner, um eine andere Richtung einzuschlagen. Auch im wahrsten Sinne des Wortes: es ging nach Renningen, weit raus ins Gewerbegebiet.
Mit 19 Punkten hatten wir vor dem ersten Spiel der Rückrunde auf dem zehnten Platz gestanden. Noch schaute es gut aus, doch wussten wir alle um die Bedeutung dieser Partie gegen Mainz. Je nachdem, wie sie ausfallen würde, würde sich der Blick des VfB entweder in Richtung Europapokal richten, oder eben nach unten in Richtung Abstiegskampf. Das Spiel ging verloren und machte einen ersten Vorgeschmack auf das, was in den nächsten Wochen auf uns zukommen würde, die schwere Bürde der Schlussphase.
Bericht lesen
Binnen Sekundenbruchteilen war alles aus. Gerade noch feierte die Kurve ihre Mannschaft mit einer brachialen Stimmgewalt, wie sie es lange nicht mehr gegegeben hatte, im nächsten Moment senkte sich die Stille über die württembergische Hauptstadt. Von 100 Versuchen landen 99 auf der Tribüne, warum musste Thiago ausgerechnet an diesem kalten Januarabend im Nachholspiel treffen, Sekunden vor Schluss? Es ist meine ganz persönliche Mutter aller Niederlagen, im Blick zurück der Anfang allen Übels, das in den folgenden elf Monaten noch folgen sollte.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
Der Schock saß noch tief. Wenige Tage zuvor verlor der VfB in letzer Sekunde das Nachholspiel gegen die Münchener und schien noch sichtlich gezeichnet von dem späten K.O. Gut eine Viertelstunde hielt die Führung in Leverkusen an, bevor die Hausherren ausgleichen konnten. Sechs Minuten vor Schluss verlor man dann doch noch. Was noch wie die Aneinanderreihung von drei unglücklichen Spielen innerhalb von einer Woche aussah, sollte sich noch durch die komplette Rückrunde ziehen. Wenn man mir damals schon gesagt hätte, wie hart es uns treffen würde, ich hätte mir reichlich Baldrian aus der Apotheke besorgt.
Bericht lesen
Es ist ja nicht so, als würde der VfB ausschließlich in den Schlussminuten die Punkte hergeben. Nein, schwarze Tage kennen wir alle ebenfalls. Der im Heimspiel gegen Augsburg war auch so einer, zwei Gegentore in der ersten Halbzeit ebneten den Weg für eine Heimklatsche gegen die, die uns eigentlich nicht die geringste Angst machen sollten. Diese Zeiten sind vorbei. Und wahrscheinlich auch die von Vedad Ibisevic, der mit Rot vom Platz flog und mit fünf Spielen Sperre bestraft worden war. Der beste Stürmer, mitten im Abstiegskampf. Na dann: Prost Mahlzeit.
Bericht lesen
Ähnlich desaströs lief es im Auswärtsspiel darauf in Hoffenheim, dem ungeliebten Nachbarn aus dem Kraichgau. Viele meiner Freunde und Bekannte mussten sich hier eingestehen, dass er nun definitiv begonnen hat, und schlimmer noch, dass es in einem solchen Zustand schwer werden dürfte, in den verbleibenden knapp drei Monaten den Kopf noch aus der Schlinge zu ziehen. Jede Woche war man bisher einen Tabellenplatz abgerutscht und fand sich nun auf Rang 15 wieder. Nicht unsere schlechteste Saisonplatzierung.
Bericht lesen
Na klar, was auch sonst. An einen Zufall wollte so langsam keiner mehr glauben. Nach all den Nackenschlägen ging auch das Heimspiel gegen die Hertha verloren, in diesem Falle nur drei Minuten vor Schluss. Wieder hatte der VfB geführt, wieder hat er in den letzten zehn Minuten verloren. Langsam begann ich, mich zu fragen, was wir VfB-Fans denn verbrochen haben, um so bestraft zu werden. Niemand wusste mit dieser Situation umzugehen. Auch der Trainer Thomas Schneider nicht, dessen Stuhl bedächtig zu wackeln begann.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
MÄRZ
Da stand ich nun im Frankfurter Gästeblock und weinte bittere Tränen. Was wohl all die anderen der 3.000 mitgereisten Fans von mir denken würden, war mir in diesem Moment egal. Der Vorstand hatte ausgerufen, dass Thomas Schneider entlassen werden würde, wenn er auch diese Partie verlieren würde. Und einen weiteren Trainerwechsel würde der Verein nicht überstehen, dessen war ich mir so gut wie sicher. Wenn doch nur Alexandru Maxim das leere Tor zum 2:0 getroffen hätte, bin ich mir sicher, dieser Jahresrückblick wäre auch nur halb so frustrierend geworden. Erneut in der Schlussphase, eine Minute vor Abpfiff.
Bericht lesen
Jedes Mal ist es doch etwas befremdlich, ein Länderspiel im eigenen Neckarstadion zu sehen. Heimspiel, und doch irgendwie nicht. Meine Wurzeln verleugnen werde ich nicht, ich weiß, wo ich herkomme. Wäre die WM 2006 nicht so euphorisch gewesen und hätte bei mir eine nachhaltige Begeisterung für den Fußball hinterlassen, wäre ich heute nicht hier. Die Länderspiele sind sehr selten geworden, doch dieses hier wollte ich mitnehmen. Doch blieb nicht Mario Götzes Tor des Tages in Erinnerung, sollte vielmehr die schrillen und lauten Chilenen, die eine tolle Stimmung verbreiteten.
Bericht lesen
Ewig lang standen wir noch im Block, bis in die Abendstunden hinein. Der Rest des Stadions war schon verlassen, der sonst recht schnell genervte Ordnungsdienst musste unfreiwillig in die Überstunden gehen. Es wäre vielleicht die Möglichkeit gewesen, weiteres Unheil abzuwenden, stattdessen vergab man auch gegen Tabellenschlusslicht Braunschweig den Sieg. Die Cannstatter Kurve hatte genug gesehen und forderte das Vortreten des Vorstandes. Wie soll das nun weitergehen? Wirkliche Antworten gab es keine, die üblichen Durchhalteparolen wie immer. Der Vorstand zog dennoch seine Konsequenz. Thomas Schneider hatte man eine Gnadenfrist für diese Partie gewährt. Sie war verstrichen, er wurde entlassen mitsamt seines Co-Trainers Tomislav Maric.
Bericht lesen
Auf Thomas Schneider folgte Huub Stevens. Unterschiedlicher könnten diese beiden Trainertypen nicht sein, der eine ein junger, kumpelhafter Ur-Stuttgarter, der andere ein erfahrener und äußerst strenger Übungsleiter. In Bremen holte man zumindest einen Punkt, was in Anbetracht der letzten mageren Wochen noch besser als nichts war. Viel nützte es nicht, die Konkurrenz hatte gepunktet und wir rutschten auf Rang 17 ab.
Bericht lesen
Komplett verloren waren unsere Hoffnungen noch nicht ganz, als man einen doch eher unerwarteten Heimsieg gegen strauchelnde Hamburger einfahren konnte. Der Gegner in Unterzahl, und doch brauchte es einen immensen Kraftaufwand, die drei Punkte ins Ziel zu bringen. Das Atmen fiel mir schwer, größer konnte die Anspannung kaum sein. Untereinander gingen sie sich schließlich noch auf dem Rasen an die Gurgel, die einen meinten, dies wäre doch völlig unangebracht, andere wiederrum erfreuen sich an der Tatsache, dass die Mannschaft lebt. So oder so: drei überlebenswichtige Punkte.
Bericht lesen
Sehr lange hielt die Freude allerdings nicht an. Schon eine Woche später landete man wieder auf dem Boden der Tatsachen. Es war der dunkelste Moment des Abstiegskampfes, die Allermeisten dürften sich hier sicher gewesen sein: Das wars. Dabei hätte es in Nürnberg ein schöner Tag werden können, daraus wurde schnell ein gebrauchter Tag. Nicht nur das Spiel verloren, sondern nahezu auch jegliche Hoffnung. Jetzt würde nur noch ein Wunder helfen.
Bericht lesen
Das ist so furchtbar ungerecht. Gegen die Kleinen blamiert sich der VfB mit Vorliebe, doch gegen die Großen vermag er offensichtlich zum Helden zu werden. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, da stand doch tatsächlich 2:0 auf der Anzeigetafel, Christian Gentner fiel vor uns auf die Knie und küsste sein Wappen. Ein Moment der Schwerelosigkeit, wie sehr wir uns nach solchen Momenten verzehrt haben. Ein Platzverweis für Georg Niedermeider und die Dortmunder hatten es einfacher, das Spiel zurück zu gewinnen. Marco Reus war es, der dann vor der Kurve die Zunge ausstreckte, acht Minuten vor Schluss. Man hätte eigentlich damit rechnen müssen.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
APRIL
Ausgerechnet jetzt ist es wichtig, Zeichen zu setzen. Ein kleiner Lichtblick in einer ansonsten düsteren Zeit. Die Bayern hatten bereits an dem jungen Timo Werner herum gegraben, wie sie es gerne mal bei hoffnungsvollen Talenten tun. An seinem 18. Geburtstag unterzeichnete er seinen ersten Profivertrag – beim VfB! Mitten im Abstiegskampf zum Verein zu stehen und nicht davon zu laufen, wenn die zweite Liga schneller droht, als einem lieb sein kann, bedarf gehörigen Respekt. Es entbrannte ein Hype, dem er nicht gerecht werden konnte, es war zuviel des Guten.
Bis zum Schluss zitterten, hofften und beteten wir. Eine Minute vor Schluss kam dann die Erlösung, das zweite Tor gegen Freiburg und dem nun sicheren Sieg folgte lauter und lang anhaltender Jubel. Bis zum Ende rannten die Breisgauer an, immer wieder scheiterten sie entweder am Unvermögen oder an Sven Ulreich. Eine Last fiel von unseren Schultern, als wir auf den Nichtabstiegsplatz kletterten. Je mehr Plätze wir noch zwischen uns und den Relegationsplatz bringen würden, desto besser.
Bericht lesen
Kurz vor dem Auswärtsspiel in Gladbach riefen die Stuttgarter Nachrichten zu einer gemeinsamen Aktion auf. Unter dem Motto „Jetzt weiß-rot“ sollte man Flagge zeigen, sich zum VfB bekennen und Fotos posten. Auch ich machte natürlich mit, meine Kollegin fotografierte mich im Büro. Wieviele von denen, die sich daran beteiligt hatten, ebenso oft ins Stadion gehen und mitleiden, sei jedoch dahin gestellt.
Ausgerechnet Mönchengladbach. Mit Ambitionen auf den Europapokal empfingen sie uns und mussten mit ansehen, wie Daniel Didavi nach zwölf Minuten das 0:1 machte und sich der VfB mit allen verfügbaren Mitteln hinein warf, als ginge es um Leben oder Tod. Und genau das stimmte auch, es ging um nicht weniger, als den drohenden Abstieg zu vermeiden. Zum Sieg reichte es aber auch diesmal nicht, der rote Faden spann sich weiter. Eine Minute vor Schluss riss uns die Borussia den Sieg noch aus den Händen. Dass ein Punkt besser ist als keiner, ist dabei jedoch ein schwacher Trost gewesen.
Bericht lesen
Rückwirkend betrachtet war es die Vorentscheidung im Abstiegskampf. Manche Dinge kannst du nicht erklären, da gehört die Partie gegen Schalke mit dazu. Wie in Trance schauten wir dabei zu, wie der VfB das tat, was er die letzten Wochen eher den gegnerischen Mannschaften zugestanden hatte: das Tore schießen. Die Konkurrenz hatte allesamt verloren, meist vergeigt es der VfB dann erst recht. Martin Harnik und Cacau versetzten den Schalkern den K.O. – und ich bin mir sicher, dass wir ohne diese drei Punkte mit Sicherheit abgestiegen wären.
Bericht lesen
Immer diese blöden Spielansetzungen der DFL, Hannover auswärts an einem Freitagabend, das hat mit zufälligen Losen überhaupt nichts mehr zu tun, das ist schlicht und ergreifend Schikane. Am Tag vor Felix’ Geburtstag machten wir uns mit Freunden auf den Weg nach Niedersachsen, wo der entscheidende Lucky Punch gesetzt werden könnte. Die Rechenspiele hatten begonnen: Würde der VfB in Hannover gewinnen und die Konkurrenz entsprechend verlieren oder nicht gewinnen, wären wir bereits an diesem Wochenende durch. Viel blieb von der torlosen Partie in Hannover nicht hängen, außer Martin Harniks ausgerenkter Schulter, die auch Dr. Christian Gentner nicht wieder einrenken konnte, und der Frust, noch immer nicht durch gewesen zu sein. Die Konkurrenz spielte für uns, nur wir selber nicht.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
MAI
Unsere Augen waren an diesem Tag nicht ausschließlich auf den Rasen im Neckarstadion gerichtet. Am vorletzten Spieltag empfingen wir daheim die starken Wolfsburger, während parallel die Bayern nach Hamburg reisen mussten. Zwischen uns und den Hamburgern würde sich entscheiden, wer noch eine Ehrenrunde in der Relegation überstehen müsste, so hörte man mit mindestens einem halben Ohr nach Hamburg. Es ging nur um eine letzte wichtige Sache, wir müssten am heutigen Tage schon durch sein, wir müssen unabsteigbar gerettet sein, bevor wir am letzten Spieltag zum designierten Deutschen Meister reisen mussten. Lange Zeit hatte es gedauert, bis der Zwischenstand seine Runde machte, die Bayern führten deutlich in Hamburg. Aus eigener Kraft hätte es der VfB nicht gepackt, denn auch diese Partie verlor er noch in der Nachspielzeit. Aber wir waren gerettet.
Bericht lesen
Wie unheimlich entspannend es doch war, dass man das größte Unheil abwenden konnte. Es ging am Ende nur noch darum, vor den Hamburgern auf dem 15. Platz zu bleiben und damit den kritischen Relegationsspielen aus dem Weg zu gehen. So ließ es sich stressfrei nach München fahren, wo man einen angenehmen Tag verlebte. Supportet wurde die Mannschaft an diesem Nachmittag nicht, zu viel Frust hatten sie uns bereitet. Ein voller Gästeblock im Dachgeschoss schwieg für fast 90 Minuten und sah dabei zu, wie eine altbekannte Gewohnheit auch im letzten Saisonspiel nicht herschenkt werden wollte: die Niederlage in der Nachspielzeit.
Bericht lesen
Es verlangte nach Antworten. Die Aufarbeitung sollte für den Vorstand und die Mannschaft nun oberste Priorität haben. Doch bevor wir weitgehend enttäuscht für die Sommermonate auseinander gehen, gab es einen dann doch noch sehr netten Abschluss. Der VfB trug ein Freundschaftsspiel gegen eine Auswahl an Fanclubmitgliedern aus, ein netter Tag bei perfektem Fußballwetter. Schaute man in die Gesichter der Leute, erschien es mir fast unwirklich, wie kritisch und brenzlig es am Ende war. Wir verabschiedeten uns auch von Huub Stevens, der nach diesem Rettungseinsatz erstmal Urlaub brauchen würde. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben – wir hatten ja keine Ahnung, wie schnell das sein würde.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
JUNI
Kurz nach meinem Geburtstag war meine Familie zu Besuch, es waren entspannte Tage mit tollen Geschenken, gutem Essen und einer ungeahnten Erleichterung, gut drei Monate ohne den VfB verbringen zu dürfen. Was hart und lieblos klingt, ist in Wahrheit all der Frust der letzten Monate. Spielt der VfB nicht, kann er einem zumindest nicht weh tun. Ich genoss die Zeit und kümmerte mich um die Dinge, die im Abstiegskampf zu kurz gekommen waren, in erster Linie nämlich um mich selbst und natürlich um Felix.
Zwei Wochen Sommerurlaub hatte ich beantragt und kümmerte mich dabei nicht ausschließlich um den Familienbesuch. Wegfahren wollten wir auch noch, statt einem langen Urlaub entschieden für uns für eine nette kleine Süddeutschland-Tour über München, Passau, Chiemsee und zum Abschluss auch noch der Bodensee, jeden Tag waren wir woanders, schauten uns viel an und genossen die sonnigen Tage. Erst gegen Ende des Urlaubs wurde das Wetter schlecht, ein Hallenbad am Bodensee rettete uns den letzten Tag.
Komplett ohne Fußball ging es in der Sommerpause dann aber auch nicht, die WM 2014 in Brasilien stand an. Viel zutrauen wollte ich der deutschen Nationalmannschaft nicht, nach den Auftritten in den letzten Wochen und der Tatsache, dass Jogi Löw nur einen nominellen Stürmer mitgenommen hatte, rechnete ich nicht damit, dass sie bereits das erste Gruppenspiel gegen Portugal so deutlich gewannen. Nach einem mühsamen Unentschieden gegen Ghana verfolgten wir das letzte Gruppenspiel gegen die USA im Münchener Olympiastadion, zum über alle Maßen spannenden Achtelfinale gegen Algerien waren wir dann wieder zurück im Ländle.
* * * * * * * * * * * *
JULI
Endlich! Das alte Wappen war zurückgekehrt. Ab dem 1. Juli zierte es schließlich alles, das Clubgelände, den Fanshop, den Mannschaftsbus, die Trikots, die Werbung, den Briefkopf und noch viel mehr. Lange hatte die Initiative „Pro altes VfB Wappen“ dafür kämpfen müssen, am Ende hatten wir gesiegt, die Mitgliederversammlung 2013 werde ich niemals vergessen, noch heute bekomme ich Gänsehaut.
Der VfB lud ein zum alljährlichen Trainingsauftakt, der sich immer wieder großer Beliebtheit beim Publikum erfreut, jedes Mal ist das Trainingsgelände völlig überlaufen mit hunderten Schaulustigen. Armin Veh war als Trainer zurückgekehrt, viele sahen in ihm einen Heilsbringer, der uns zurückführen würde zum Erfolg, wie er es 2007 schon einmal getan hat. Von Anfang an sah ich das skeptisch, welcher Trainer äußert denn sonst gegenüber der Presse, er habe die Mannschaft schon von außen stärker eingeschätzt, als sie jetzt ist?
Bericht lesen
Mit meiner Einschätzung hinsichtlich Nationalmannschaft lag ich offenbar gehörig daneben. Wollte ich ihnen vor dem Turnier noch nicht einmal das Überstehen der Gruppenphase zugestehen, gingen sie nun doch ihren Weg. Im Viertelfinale schlug man Frankreich, das Halbfinale gegen Brasilien und seinen sieben Toren schrieb Geschichte und amüsierte uns auf der heimischen Couch mehr, als das ein VfB-Spiel in der abgelaufenen Saison tun konnte, und als dann im entscheidenden Finale gegen Argentinien der Pokal in den Nachthimmel gestreckt wurde, war es geschafft, der vierte Weltmeistertitel für Deutschland. Gut gemacht, Jungs.
Die meisten Vereine präsentieren ihre Trikots für die neue Saison bereits im letzten Spiel der Vorsaison, der VfB konnte das nicht, da das Wappen erst ab dem 1. Juli wieder eingeführt werden würde. Daraus machte der Verein dann ein richtiges Event mit einer Bühne vor der Cannstatter Kurve. Das Trikot wurde feierlich enthüllt, schlicht, doch mit allem, was wichtig ist: weißes Shirt, roter Brustring, altes Wappen. Mehr braucht es nicht. Man verspürte Hoffnung, dass eine erfolgreich(er)e Saison bevorstehen würde. Wir waren naiv.
Bericht lesen
Im Sommer fand sich erneut das vfb-bilder.de-Team zusammen, dieses Mal in Haigerloch. Mit viel Grillgut, Bier und Wasserspritzpistolen. Ein feucht-fröhliches Vergnügen, auch für die beiden Kinder, die mit dabei waren. Gemütlich saß man beisammen und fachsimpelte über die abgelaufene Saison und inwieweit der VfB wohl aus seinen Fehlern gelernt haben würde. Die Antwort darauf würden wir schon bald bekommen – oder vielmehr: nicht bekommen.
Alle Jahre wieder lud der VfB für Ende Juli zur Mitgliederversammlung in die Porsche Arena. War das Motiv für eine zahlreiche Teilnahme im vergangenen Jahr noch eindeutig, erwies sich die diesjährige Veranstaltung schon als weniger attraktiv. Die Aufarbeitung der Saison 2013/2014 hatten sich Mannschaft und Vorstand nach dem Abwenden der Katastrophe auf die Fahnen geschrieben, was sie uns wohl als Antworten geben könnten? Statt Antworten gab es pauschale Besänftigungsaussagen alá „Ja, wir haben Fehler gemacht, wir wollen daraus lernen“. Wirkliche Aufarbeitung sieht anders aus, stattdessen hat der Vorstand nichts anderes als die Ausgliederung im Sinn. Traurig, was aus unserem Verein geworden ist.
* * * * * * * * * * * *
AUGUST
Der August begann für mich mit einem Wochenendtrip nach Düsseldorf, gemeinsam mit vier Freundinnen waren wir unterwegs zum Shoppen, Essen, Trinken und das Leben genießen. Meine erste Erfahrung in einem veganen Restaurant, das besser war als erwartet, nur auf den Kaffee mit Sojamilch hätte ich wohl besser verzichtet. Viel gesehen, tolle Zeit gehabt, und mit zahlreichen Fotos zurückgekehrt.
Die Sonne brannte, ein Glück, dass ich meine Mütze dabei hatte. Einigen anderen brannte die Hitze erbarmungsloser auf den Schädel, als wir auf die Mannschaft gewartet hatten. Das Opening stand an, anders als sonst auf dem Parkplatz gegenüber des Stadions. Ein weitläufiges Gelände mit einer kleinen Bühne und vielen Fressbuden sowie Spaß und Spiel für die Kinder. Auch hier hatte man das Gefühl, man hätte zumindest ein kleines bisschen daraus gelernt, was hinter einem lag. Seinen Fans kann und sollte man das nicht in jedem Jahr zumuten, das sollte man zumindest meinen.
Bericht lesen
Im Rahmen des Openings gab es auch gleich ein Testspiel gegen den Premier League Vertreter Hull City. Das lange Stehen in der Hitze forderte seinen Tribut, es war anstrengend, an meinem Stammplatz stehen zu bleiben, während die Jungs auf dem Rasen nicht wirklich etwas vernünftiges zeigen konnten. „Es ist ja noch früh, die Saison hat noch nicht einmal begonnen“ sagte man noch tröstend zu sich selbst. Als auch dieses Testspiel in den Schlussminuten verloren ging, hörte man die Nachtigall trapsen. Geht das alles etwa wieder von vorne los?
Bericht lesen
Gut zwei Jahre lang arbeitete ich daran, meist weniger intensiv, in den letzten Wochen und Monaten dafür umso mehr. Nach zahlreichen langen Nächten voller mühsamer Programmierarbeit, anstrengender Neustrukturierung und nicht zuletzt sämtlicher kleinteiliger Vorbereitungen war es in der Nacht vor dem ersten Pokalspiel endlich geschafft: mein neuer Blog konnte online gehen, alte Inhalte, neues Gewandt, bessere Lesbarkeit auch auf Smartphones und Tablets. Es war einiges an Arbeit, doch es hat sich gelohnt.
Bericht lesen
Vielleicht war das verpatzte letzte Testspiel ja doch nur ein Ausrutscher? In der ersten Runde des DFB-Pokals zogen wir das schwerste Los aller Bundesligisten, ausgerechnet Bochum sollte es sein. Beim letzten Aufeinandertreffen im Pokal wünschte ich mir das Auswärtsspiel, doch dieses kam definitiv viel zu früh für den VfB. In einem erstklassigen Luxus-Schlitten machten wir uns auf den Weg, das nette Auto sollte aber dann doch das Beste am Tage gewesen sein. Hochkant flogen wir sofort raus, verbitterte Pfiffe, Wut und ganz viel Frust. Ich war mir schon früh sicher: die neue Saison wird noch schlimmer.
Bericht lesen
Schon Monate zuvor hatte sich der VfB auf ein Testspiel am Tag nach dem Pokalspiel eingelassen, veranstaltet von Krombacher bei einem Team, das aus einem Gewinnspiel hervorgegangen war. Nach Fellbach sollte es gehen, einen Steinwurf von unserer Wohnung in Bad Cannstatt entfernt. Happige zwölf Euro wurden am Eingang verlangt, im Nachgang hätte ich nur zu gern die doppelte Summe als Schmerzensgeld verlangt. Nur 2:2 stand es zur Halbzeit gegen den Landesligisten, eine echte Blamage. Zwar wurde das Spiel noch hoch gewonnen, sehr förderlich für die Stimmung erwies sich dieser trostlose Kick allerdings nicht.
Auf der einen Seite eine willkommene Ablenkung von dem Frust des frühen Pokal-Aus, auf der anderen Seite konnte ich mich nicht wirklich locker amüsieren, zu sehr waren die Gedanken beim VfB. Mit den Schwiegereltern und der Freundin von Felix’ Bruder machten wir uns in den frühen Morgenstunden auf in Richtung Regensburg, der Donaudurchbruch bei Kelheim sowie dem angrenzenden Altmühltal. Viel Zeit verbrachten wir auf dem Schiff, im Wechselbad des Wetters: mal warmer Sonnenschein, mal eiskalter Wind.
„Der Abstieg hat begonnen“ hatte Felix zu mir gesagt, als wir am frühen Nachmittag vom Loreleyfelsen hinunter gestiegen sind. Für mich war die Spielzeit schon im Eimer, bevor sie überhaupt angefangen hatte, der erschreckend schwache Auftritt im Pokal nötigte mich zu der Annahme, auch das erste Saisonspiel in Mönchengladbach würde hoch verloren werden. Ich irrte mich – doch lediglich bei diesem Spiel, nicht jedoch bei der Einschätzung der kommenden Wochen und Monate.
Bericht lesen
Das erste Heimspiel der Saison ist stets ein besonderes, ungeachtet eines miesen Starts, den der VfB hingelegt hatte. Die Karawane zog wieder durch Bad Cannstatt, Jahr für Jahr bunter und farbenfroher als Jahr zuvor. Gegen alle Widrigkeiten sind wir Fans leidensfähig und unterstützen unsere Mannschaft. Dabei erweist sich die Leidensfähigkeit auch in dieser neuen Saison als größte und wichtigste Tugend, viel zu melden hatte der VfB gegen die Aufsteiger aus Köln nicht. Dabei hätte man es doch wissen müssen, die Statistik sagte unsere Niederlage ohnehin voraus.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
SEPTEMBER
Nur noch eine halbe Stunde, dann würde ich aufbrechen. Nun saß ich an diesem Montagabend noch im Büro und machte noch eine Kleinigkeit fertig, kann ja schließlich nicht schaden. Gerade wollte ich mich fertig machen, als ich um 17:56 Uhr erfuhr, dass ab 18:00 Uhr keine Bahnen mehr fahren würden. Die GDL streikt kurzfristig, einfach so. Zum reagieren war es zu spät, ich hätte es ohnehin nicht ändern können, mein Fußweg zum Bahnhof beträgt schon alleine eine knappe Viertelstunde. Was nun? Felix holte mich knapp anderthalb Stunden später ab. Es sollte nicht der letzte Streik sein.
Wenige Tage später fragte mich mein bester Freund, ob ich ernsthaftes Interesse hätte, ins Fernsehen zu kommen. Nunja, eher nicht – ich gehöre ja schließlich eher hinter die Kamera. Meine Neugier war dennoch geweckt, ein alter Bekannter und Vorgesetzter aus seiner Zeit beim SWR hatte ihn angehauen, er brauche noch eine junge Dame für eine VfB-Dokumentation. „Ja, ich kenn da jemanden…“ – kurz darauf fand ich mich wieder in den Katakomben des Stadions, erzählte, wie ich zum VfB kam und was er für mich bedeutet. Emotional berührt lief ich leise und andächtig umher. Ein besonderer Moment.
Kurz darauf führte uns die noch junge Saison nach München. Einzige Hoffnung: dass sie sich gegen die Großen schon oft leichter getan haben als gegen all die Kleinen. Lange währte die Hoffnung nicht, am Ende musste man sich ja schon beinahe freuen, dass es „nur“ mit 2:0 für die Münchener zu Ende ging, das haben wir hier auch schon ganz anders erlebt. Gerade einmal drei Spiele waren vorüber, es zeichnete sich schon früh ab, wie schwer es noch werden würde.
Bericht lesen
Leiser wurden die Pfiffe nicht, im Gegenteil. Desolat und harmlos präsentierte sich der VfB vor heimischem Publikum gegen Hoffenheim. Furchtlos gehe ich schon lange nicht mehr ins Stadion, es gibt keinen einzigen Gegner mehr, der von Haus aus „schlagbar“ ist, denn der Verein hatte sich in den letzten Jahren mit so ziemlich allem bekleckert, nur nicht mit Ruhm. Unruhige Zeiten standen uns bevor, mit zunehmender Spieldauer wurde die Wut immer größer und gipfelte im Fordern von Fredi Bobics Rausschmiss, denn schließlich ist er für die Kaderplanung verantwortlich.
Bericht lesen
Ich frage mich, ob man den Maulwurf im Verein mittlerweile entlarven konnte. Wer hatte seinen Mund nicht halten können? Wir waren zu fünft auf dem Weg nach Dortmund gewesen, als stündlich eine neue Info über die Newsticker und sozialen Netzwerke kam. Was am frühen Morgen mit einer Trennung von Fredi Bobic zur Winterpause begann, wurde schließlich zur Entlassung nach dem Spiel, noch bevor wir den Ruhrpott erreichten, war er dann doch schon entlassen. Was ist denn hier los? Das dachte man sich auch beim Spiel, ungläubig schaute ich ein weiteres Mal auf die Anzeigetafel, wieder führte der VfB mit 2:0 – doch wie im letzten Aufeinandertreffen reichte es auch hier nicht zum Sieg.
Bericht lesen
Hätte, hätte, Fahrradkette. Hätte Sven Ulreich den letzten Ball in Dortmund weggefaustet, statt daneben zu fliegen, hätte man die Partie gewonnen. Ein schon jetzt sichtlich genervter Armin Veh zog seine Konsequenz und setzte den Stammtorhüter auf die Bank. Thorsten Kirschbaum sollte es richten. Die Kurve präsentierte sich mit einem tollen Chaos-Intro und schmetterte laut „Und wenn die ganze Kurve tobt“ – es hatte geholfen, ein einziger krummer über die Linie gestocherter Ball reichte uns zum Sieg. Und das auch noch zu Null.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
OKTOBER
Alle Jahre wieder führt das Auswärtsspiel in Berlin zwangsläufig zu meiner Heimat. Ein paar entspannte Tage in Leipzig sollten es werden, wie immer kombiniert mit der Partie im Olympiastadion, seit einigen Jahren organisieren wir das entsprechend. Spät, aber noch rechtzeitig erreichten wir die Hauptstadt. Erfreulich ging es los, eine frühe Führung war jedoch nicht von langer Dauer. Am Ende schlug sich der VfB selbst durch haarsträubende Fehler und einen dummen Elfmeter. Fast so, wie an dem Tag vor sieben Jahren, als ich mein Herz an diesen Verein verlor.
Bericht lesen
Es war eines der wenigen positiven Dinge im Kalenderjahr 2014. Die Möglichkeit, mit dem SWR drehen zu dürfen, war ein echtes Highlight. Die Premiere vor geladenem Publikum unmittelbar nach unserer Rückkehr aus Leipzig sowie wenige Tage später die Premiere im SWR-Fernsehen waren emotionale Highlights eines ansonsten sehr dürftigen Jahres.
Bericht lesen
Wie die Leute in meinem Block wohl auf die Dokumentation reagieren würden, oder ob überhaupt jemand reagiert? Lange ließen die ersten nicht auf sich warten, ein erfreulicher Moment für mich, den der VfB aber relativ bald darauf wieder zunichte machte. Die Leverkusener waren zu Gast und führten zur Halbzeit bereits mit drei Toren, es drohte ein Desaster. Ich bin mir nicht sicher, was Armin Veh den Jungs in der Kabine gesagt oder gezeigt (oder gar gegeben) hat, fest stand nur, dass es offenbar hilfreich gewesen war. Sie fingen an zu kämpfen und glichen das Spiel noch aus, eine solch krasse 180-Grad-Drehung hatten wir schon lange nicht mehr erleben dürfen. Zu schade, dass Martin Harnik nicht noch das 4:3 geschossen hatte.
Bericht lesen
Eine unbeschreibliche Qual über die letzten zehn Monate hinweg lag hinter uns. Viele zweifelten bereits daran, jemals wieder Lust auf Stadionbesuche verspüren zu können. Doch es gibt Tage, da erfahren wir dann doch, wofür wir das alles machen. Für Momente wie diese. Ein Spiel wie in einem Traum, Rückstand, Ausgleich, Führung, Nachlegen, Gegentor, Ausgleich, Rückstand, Ausgleich, Führung, SIEG! Schwerelos tanzten wir im Frankfurter Gästeblock, wo beim letzten Besuch noch Tränen flossen, waren es dieses Mal Tränen der Freude. Ungläubige Gesichter kamen mir entgegen, zitternd und mit Gänsehaut übersäet fuhren wir heim. This is why we love football.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
NOVEMBER
Ich hatte ja gleich gesagt, dass wir im Heimspiel gegen Wolfsburg wohl nicht viel zu melden haben. Am Ende sollte ich leider recht behalten, vier Tore schenkten sie uns ein, und dabei dürfen wir noch höflich „Danke“ sagen, dass es nicht noch mehr gewesen waren. Die Euphorie vom Auswärtsspiel in Frankfurt hielt noch an, wurde aber durch eine mutlose Darbietung aber wieder geschmälert. Noch blieb ich einigermaßen entspannt, in dieser Partie war eben nichts zu machen.
Bericht lesen
Viele Freunde hatte sich die Gewerkschaft der deutschen Lokführer nicht gemacht. Der Spontanstreik vor einiger Zeit war mir schon zu blöd, doch dieses Mal wollte die GDL zu weit gehen. Vier Tage sollte die Bahn bestreikt werden. Zumindest hatten sie es angekündigt, so blieb ausreichend Zeit, sich nach Alternativen umzusehen. Frühs fuhr ich mit meiner Kollegin ins Büro, abends holte mich Felix ab. Und es war immernoch keine Einigung in Sicht, für jene, die an Wochenende mit dem Zug nach Bremen fahren wollten, hatten ein echtes Problem.
Was tut man nicht alles für den Herzensverein. Auch in Ermangelung an entsprechenden Gegenleistungen machten wir uns auf nach Bremen, der Zug fiel für uns angesichts einer streikreichen Zeit von vornherein aus, machbare Flüge gab es nicht, so blieben nur Bus oder Auto als Option übrig. Mit Kumpel Sandro und einem Mitwagen mit Hamburger Kennzeichen ging es los, sehr früh erreichten wir die Hansestadt. Gut 100 Euro kostete uns die Spritbeteiligung, Punkte nahmen wir keine mit, und das ausgerechnet beim Tabellenletzten. Bremen rutschte vor, wir nahmen ihren Platz ein. Tiefer konnten wir nicht mehr fallen. Armin Veh gab sich stark, er würde nicht einfach davon laufen.
Bericht lesen
Und hast du die Scheiße am Fuß, hast du halt die Scheiße am Fuß. Wieviele Opfer verlangt unsere Liebe zum VfB denn eigentlich noch? Nach nicht einmal einer halbe Stunde waren wir gegen Augsburg bereits in der Unterzahl. Ich würde nicht sagen, sie hätten sich nicht bemüht, sie stemmten sich dagegen mit allem, was ging, doch das ist nun einmal leider weniger als erhofft. Ein später Handelfmeter ließ die Gäste in Führung gehen, für eine Gegenreaktion war die Kraft dann bereits verbraucht.
Bericht lesen
Die Niederlage gegen seine Heimatstadt war zu viel für Armin Veh. Sagte er noch eine Woche zuvor, er würde nicht davon laufen, verkündete er am Montag Mittag seinen Rücktritt. Was ich bereits zu Beginn der Saison befürchtet hatte („Wenn er clever ist, tut er sich das nicht an“), kam zu diesem Zeitpunkt dennoch überraschend. Aufs fehlende Glück hatte er es geschoben. Ich persönlich verstehe es auf der einen Seite, denn die Arbeit beim VfB laugt einen aus. Doch bin ich eher maßlos enttäuscht von ihm, dass er das sinkende Schiff verlässt. Als Messias zurück gekommen und nun einfach aufgeben?
Auf Armin Veh folgte ein ebenfalls alter Bekannter: Huub Stevens kehrte überraschend zurück. Und das, obwohl er im Sommer offenbar nicht weiter machen wollte?! Wenige Tage Zeit blieben ihm, die Truppe aufs nächste Spiel in Freiburg vorzubereiten. Das Glück hatte er offenbar mitgebracht, denn nur mit Glück ging es nicht mit einem Rückstand in die Halbzeitpause. Es folgten drei Tore für den VfB und ein damit entsprechend hoch ausgefallener Auswärtssieg, der ohne jeden Zweifel gut getan hatte.
Bericht lesen
* * * * * * * * * * * *
DEZEMBER
Doch es wäre ja nicht der VfB, wenn er es tatsächlich mal schaffen würde, zwei Spiele in Folge zu gewinnen. Dabei war ich so optimistisch, wie schon lange nicht mehr. Die Jungs machen das schon, dessen war ich mir sicher und tippte felsenfest überzeugt ein deutliches 3:1 gegen Schalke, unseren Lieblingsgegner. „Könnte knapp werden“ dachte ich mir nach nur wenigen Sekunden, als die Gäste in Führung gingen. Es folgte ein einziges hilfloses Desaster und die Gewissheit, es gäbe in diesem Jahr sicherlich keine drei Mannschaften, die sich noch unglücklicher anstellen würden als wir. Wie gerne ich mich am Ende der Spielzeit geirrt haben möchte.
Bericht lesen
Alle Jahre wieder… gibt’s in Mainz die Niederlage. Nachdem uns der Nikolaus eine Woche zuvor in den Stiefel gekackt hat, hatte man nicht viel Grund zur Annahme, es würde bei den Mainzern so viel anders laufen. Mehrere Male war ich bereits hier, von einem Punktgewinn waren wir am Ende stets weit entfernt. Mein erster Punkt in Mainz, gar nicht so schlecht. Trotz allem ist die Unzufriedenheit zu spüren, wir Fans wissen genau, wie dringend wir die Punkte brauchten, da zählt am Ende jeder einzelne. Auch, wenn es stets drei sein müssten, um ruhiger Schlafen zu können.
Bericht lesen
Bis heute habe ich nicht so recht verstanden, wie man unter den gegebenen Voraussetzungen diese Partie überhaupt gewinnen konnte. Wirklich erwartet hatte ich es nicht, als ich mich Vormittags in den Bus gesetzt hatte und wir uns auf den langen Weg nach Hamburg gemacht hatten, wohlwissend, dass wir tendenziell mit leeren Händen zurückkehren würden. Fast eine komplette Halbzeit lang in Unterzahl, am Ende dennoch mit drei sehnlichst erhofften drei Punkten. Manchmal lohnen sich die Strapazen dann doch. Aber eben doch nur manchmal.
Bericht lesen
Trostlos. Hilflos. Hoffnungslos. So öde und frustrierend wie das ganze Jahr 2014 ging auch das letzte Spiel des Jahres zu Ende, ein Sinnbild der vergangenen zwölf Monate. Kein letztes Aufbäumen, um zu zeigen, dass man gewillt es, es 2015 viel besser zu machen. Kein Dankeschön an die Fans, die in schwersten Zeiten zum VfB gehalten hatten und ihn auf all seinen Wegen begleitet haben. Und womöglich auch keine Hoffnung, denn wer gegen Paderborn nicht gewinnen kann, hat in der ersten Liga nichts verloren. Traurige Bilanz: es gelang ihnen nicht einmal in diesem Jahr, zwei Spiele hintereinander zu gewinnen. Nicht ein einziges Mal.
Bericht lesen
Es war das erste Mal, dass meine Familie über Weihnachten im Ländle war. Bisher organisierte ich es immer so, dass wir Heiligabend bei der einen Familie, die Feiertage bei der anderen Familie verbrachten. Dieses Mal drehten wir den Spieß um und luden meine Eltern und meinen Bruder zu einer Reise mit dem Fernbus ein. Es waren schöne, aber auch anstrengende Tage. Noch ein Debüt: mein erster echter Weihnachtsbaum, ich hatte bisher seit frühester Kindheit immer nur künstliche gehabt – in der DDR zahlte man für Echte einen unheimlich hohen Preis.
Tagelang hat es nun nahezu durchgeschneit, selbst hier im Kessel kam unheimlich viel Schnee runter. Weiße Weihnachten hatte ich mir gewünscht, mit einigen Tagen Verspätung zeigte sich Frau Holle dann doch noch einsichtig. Der Jahreswechsel wird am heutigen Abend wie schon vor zwei Jahren im Kreise von Felix’ Familie gefeiert, ganz gemütlich, ganz entspannt.
* * * * * * * * * * * *
That’s all, folks! Ein weitgehend weniger gutes Jahr ist zu Ende. Es ist das erste Jahr seit nunmehr zehn Jahren, das nicht so gelaufen ist, wie erwartet. Jedes zweite Jahr ist für gewöhnlich ein Gutes, 2004 mit dem Beginn meiner Liebe zur Fotografie, 2006 die WM und die Entdeckung des Fußballs, 2008 das erste Heimspiel in Stuttgart, 2010 das Kennenlernen von Felix und der Umzug nach Stuttgart, 2012 ein geiles Fußballjahr mit legendären internationalen Spielen. Und 2014? Nunja, es kann ja nur noch besser werden. Ich danke allen, die mich auf all den Wegen begleitet haben, auch wenn es oft steinige Wege waren – ich vertraue darauf, dass ihr auch 2015 wieder an meiner Seite seid. Allseits guten Rutsch!
Weitere Jahresrückblicke: 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013
33 Jahre, gebürtig aus Leipzig, seit 2010 wohnhaft in Stuttgart – Bad Cannstatt. Dauerkartenbesitzerin, Mitglied, ehemalige (Fast-)Allesfahrerin und Fotografin für vfb-bilder.de. Aus Liebe zum VfB Stuttgart berichte ich hier von meinen Erlebnissen – im Stadion und Abseits davon.
Mehr über mich
Neueste Kommentare