Seit vielen Jahren das gleiche Spiel. Einige Male ist im Moment des größten Frusts schnell gesagt, man könne es nicht mehr ertragen, und man habe keine Kraft mehr dazu. Nur um dann doch jede Woche aufs Neue hinaus zu ziehen und ein Glück zu suchen, das man eine Woche zuvor noch für immer und alle Zeiten abgehakt hat. Woche für Woche hofft man zumindest ein kleines bisschen auf ein kleines Wunder, furchtlos ins Stadion zu gehen, das gibt es schon sehr lange nicht mehr.

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Am Ende sind wir Fans die Leidtragenden. Jenen etwas zurück zu geben, die innerhalb von 24 Stunden 1.200 Kilometer wegbuckeln, den Verantwortlichen scheint es völlig egal zu sein. Und auch der VfB Stuttgart befindet sich in einem offenbar ewigen Kreislauf. Nur nicht zu viel Euphorie und Hoffnung aufkommen lassen, da kommen Spiele wie in Bremen – vermeintlich jene “richtungsweisenden” Spiele – gerade recht.

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Ich will und kann nicht glauben, dass das die Richtung sein soll, die der VfB anstrebt. Niemand hat gesagt, es würde leicht werden, als ich mein Herz an den Verein für Bewegungsspiele verloren hatte, doch hatte mir auch keiner ein Wort davon mitgeteilt, dass es Tage gibt, an denen man an der Leidenschaft zu zerbrechen droht. Immer dann, wenn es offenbar nur eine Richtung gibt, in die sich der Verein bewegt: nach unten.

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Duell der Kellerkinder

Vielleicht hätte ich es besser wissen müssen. Vier Besuche in Bremen, drei Unentschieden und eine Niederlage standen zu Buche, keine besonders positive Bilanz. Es brauchte einen Sieg, um die viel zu deutliche Pleite gegen Wolfsburg auszumerzen und die Stimmung nicht erneut kippen zu lassen. Und wir wissen alle, wie schnell so etwas passieren kann. Zwei Aufholjagden gegen Leverkusen und Frankfurt reichten, um gegen Wolfsburg das Stadion wieder voll werden zu lassen.

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Gut 2.000 Stuttgarter machten sich auf den Weg nach Bremen, gemessen an den letzten Jahren waren das eine ganze Menge. Was mit Sicherheit folgen wird: maximal 45.000 Besucher in zwei Wochen gegen Augsburg. Viele Plätze werden leer bleiben, nicht besetzt von jenen Gelegenheitszuschauern und verbitterten Fans, die ihr Wochenende mit etwas deutlich Schönerem verbringen wollen und sich nicht die Laune einer ganzen Woche verhageln möchten. Manchmal kann ich es Ihnen nicht einmal verdenken.

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Auf mein komisches Bauchgefühl wollte ich dieses Mal natürlich nicht hören. Warum auch, auf der Fahrt nach Frankfurt hatte ich ebenfalls ein komisches Bauchgefühl, als hätte ich die Achterbahnfahrt des Spiels, die unseren Mageninhalt durcheinander wirbeln sollte, schon zuvor mental durchgemacht. Wir wurden belohnt mit einem der sensationellsten und mitreißensten Spiele der vergangenen Jahre. Lange hatten wir auf diese Euphorie warten müssen, umso schneller erdete uns der Verein mit dem roten Brustring.

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Zu Viert in Richtung Norden

Wieviele der 2.000 Stuttgarter ursprünglich mit dem Zug anreisen wollten, ist ungewiss. Der Lokführerstreik von Donnerstag bis Samstagabend machte einigen zu schaffen, darunter auch jenen Fußballfans in ganz Deutschland, die die Deutsche Bahn als Transportmittel auserkoren hatten. Schon vor Wochen liefen die Planungen, mit wem und wie wir in die Hansestadt kommen, der Zug fiel für uns aufgrund zu großen Stresses und Rennerei heraus, ein ganz neues Gespann sollte sich in den Morgenstunden auf den Weg machen.

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Vor etwas mehr als zwei Jahren lernte ich die beiden in Hamburg kennen, immer wieder traf man sich, ob daheim oder auswärts, inklusive einer tollen Auswärtsserie: Sandro und sein Kumpel Uwe, beide aus der groben Ecke Schwäbisch Hall, bzw. Hohenlohe. Es war zu befürchten, dass die Autobahnen etwas voller werden würden als sonst. Zum Glück irrten wir uns. Kurz vor acht Uhr morgens brachen wir auf zum vereinbarten Treffpunkt, ein Parkplatz zwischen Künzelsau und Schwäbisch Hall.

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Da blieb sogar zwischendrin noch die Zeit für eine Kaffeepause – und trotzdem waren wir reichlich früh vor Ort. Sandro fuhr schließlich vor mit dem Mietwagen, den er sich für die Auswärtsfahrt von Europcar gemietet hatte. Ein silberner Audi A4 – nicht schlecht. Erste Amtshandlung: hinten erstmal einen Aufkleber mit VfB-Wappen platzieren. Kann man mal so machen. Zu viert machten wir uns auf, mit gemischten Gefühlen und dem Wissen, dass der VfB derzeit zu allem möglich ist, sowohl positiv als auch negativ. Und genau bei letzterem liegt das große Problem.

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Kaum was los auf Deutschlands Autobahnen

Bis auf ein paar Baustellen, in denen Sandro herunterbremsen musste, war von der befürchteten erschwerten Anfahrt gen Norden nichts zu spüren. Am frühen Nachmittag erreichten wir Bremen und schauten uns erst einmal um nach einer idealen Parkmöglichkeit. Gesperrt war das Gebiet rund ums Weserstadion noch nicht, vielleicht ergibt sich ja etwas in der unmittelbaren Nähe? Gut einen Kilometer Fußweg vom Stadion entfernt wurden wir fündig, banden uns unsere Schals um und stapften los. Noch immer wollte ich nicht auf mein komisches Bauchgefühl hören.

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Ein junger Mann hielt uns an, ich vermutete zuerst, er wolle nach dem Weg fragen. Tatsächlich kam er vom Weser-Kurier und wollte eine kleine Geschichte schreiben über die VfB-Fans und wie sie denn trotz Bahnstreiks die gut 600 Kilometer überwunden haben. Bereitwillig stand ich ihm Rede und Antwort, er begleitete uns ein kleines Stück auf dem Fußweg zu dem Café, in das wir wollten. Einen Platz in dem Artikel haben wir zwar nicht bekommen, trotz allem ein nettes Gespräch.

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Wir kehrten schließlich in das gleiche Café ein, in dem wir bereits letzte Saison gemütlich beisammen gesessen waren. Mit am meisten an diesem Tage freute ich mich auf das Wiedersehen mit meinem langjährigen Kumpel Dennis, den ich in meiner damaligen Stammkneipe in Leipzig kennengelernt hatte und wir seither unsere ganz eigene Fanfreundschaft pflegen, eine, die sonst gar nicht so recht zueinander passen mag. Da saßen wir nun nebeneinader, ich mit dem VfB-Schal und er mit dem Werder-Schal. Irritierte Blicke inbegriffen.

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Das komische Bauchgefühl

Viel Zeit hatten wir nicht, es war Zeit, langsam aufzubrechen, zumindest für mich. Noch eine Bratwurst auf die Hand und bald musste ich schon meinen Platz im Gästeblock einnehmen, während er und Felix jeweils Sitzplatzkarten hatten. Bremen ist seit Jahren der zweitschlimmste Gästeblock, dicht hinter Freiburg und knapp vor Berlin. Gerade Flutlichtspiele machen mir als Fotografin schwer zu schaffen, hinzu kommt ein widerlicher kalter Luftzug, der von hinten in den Block hinein pfeift.

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Beides in Kombination in den Herbst- und Wintermonaten, und schon hat man eines der Spiele, in denen der VfB besser großartig aufspielt, damit sich die Fahrt letztendlich auch nur in irgendeiner Form lohnt. Das schien der VfB geahnt zu haben und präsentierte sich wie immer in den letzten Monaten: konstant unkonstant. Aber ich wollte ja nicht auf mein komisches Bauchgefühl hören. Vor den Eingängen wurden rote Blätter verteilt, rückseitig bedruckt mit einem Text zum Thema „Anti RB Leipzig“, man solle den roten Bullen beim Einlaufen der Mannschaften die rote Karte zeigen.

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Meinen Platz fand ich relativ weit oben auf der linken Seite, gottfroh war ich um die Kapuze, die ich mir sogleich überstülpte, um den kalten Wind von mir fern zu halten. Hatte vor einigen Stunden noch die Sonne geschienen, kühlte es nun schnell herunter in den einstelligen Celsius-Bereich. Ein paar Unerschrockene trugen tatsächlich oben herum nicht mehr am Körper als ein Trikot, ich würde das vermutlich keine zehn Sekunden aushalten. Langsam tickten die letzten Minuten herunter, kaum etwas war zu erkennen im Oberrang direkt unter dem Dach.

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Rote Karte für RB!

Zum Einlaufen der Mannschaften wurden die roten Karten schließlich hochgehalten, ebenfalls auf der Gegenseite in der Bremer Ostkurve waren rote Karten zu sehen. Das Spruchband war ebenfalls das selbe: „Rote Karte für RB!“ – getrennt in den Farben, vereint in der Sache! Gefolgt von dem schrillen Pfeifen von tausenden Trillerpfeifen, man pfeift zurecht auf den Dosenklub aus meiner Heimatstadt. Der Ball rollte bereits, als es wieder ruhiger wurde und sich der eigentliche Support seine Weg bahnte.

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Mit ganz viel Wohlwollen lässt sich von der Anfangsphase der Partie nur eines sage: was für ein Grottenkick. Erschreckend schwach, von beiden Mannschaften. Fehlpässe, Fehler im Aufbauspiel, Fouls und Nicklichkeiten. Jeder neutrale Zuschauer hätte vermutlich recht schnell umgeschalten. Die Stimmung war für die Verhältnisse im Bremer Gästeblock in Ordnung, durch die baulichen Gegebenheiten wird nur leider nicht allzu viel unten bei der Mannschaft angekommen sein, auch von der Gegenseite hörte man bisweilen nicht wirklich viel.

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Der Arbeitsauftrag der Mannschaft war ja eigentlich klar gewesen. Unten im Tabellenkeller musst du die Aufbruchsstimmung des Gegners sofort unterbinden, wenn du die Möglichkeit dazu hast. Werder setzte sich in der zweiten Runde im DFB-Pokal gegen Chemnitz durch und gewann anschließend überraschend in Mainz, das neue Trainergespann Viktor Skripnik und Torsten Frings gab neuen Mut. Und der VfB? Der spielte nicht einmal mehr im Pokal und verlor haushoch gegen Wolfsburg. Soviel dazu.

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Schwierige Voraussetzungen für die Fotografen

Einigen um mich herum konnte man ansehen, wie sie die weite Strecke nach Bremen herum gebracht haben, offensichtlich nur mit dem steten Trinken von Bier. Sie lallten und schrien völlig zusammenhanglos herum, mehr als ein müdes Lächeln bis hin zu einem dezenten Kopfschütteln habe ich für so etwas nicht übrig. Welche Motivation muss man haben, sich so volllaufen zu lassen, dass man vom Spiel kaum etwas mitbekommen und nicht in der Lage ist, sich konstruktiv an der Unterstützung für die Mannschaft zu beteiligen?

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Währenddessen hatte ich mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen. Völlig egal, welche Einstellung, die Kamera durchkreuzte meine Pläne für so manches tolle Motiv. Es war all die Jahre immer schwierig gewesen, doch selten so sehr wie in diesem Jahr. Felix saß zum gleichen Zeitpunkt gemütlich im Oberrang auf der Nordtribüne, vorne in der ersten Reihe mit bestem Blick. Wenigstens einer von uns sollte an diesem Samstagabend gute Fotos machen.

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Man weiß immer erst hinterher, wie wichtig manche Situationen waren, wenn man sie denn optimal genutzt hätte. Martin Harnik gelang es nicht, seinen Schlappen einfach hinzuhalten, das Tor war leer gewesen. Nicht auszudenken, welchen Schub der VfB durch dieses Tor hätte bekommen können. Da meldete sich wieder mein komisches Bauchgefühl. Ich hatte ja bereits schon öfter ein Gespür für jene Situationen, die einem im Nachgang zum Verhängnis wurden.

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Sie waren stets bemüht

Die bemühten Ansätze konnte man ihnen in der ersten Halbzeit nicht absprechen, doch das war bereits bei der mehr als überdeutlichen Pleite vergangene Woche gegen Wolfsburg der Fall. Manchmal reicht eben die individuelle Klasse des Gegners, und schon hast du nach vier einzelnen Fehlern vier Gegentore – mehr musste der Gegner ja nicht tun. Über 40 Jahre ist es her, dass der VfB zuletzt auch nur annähernd so viele Gegentore bekommen hatte wie letzte Saison, schon jetzt hat man diesen Rekord aus der dem Jahre 1970 gebrochen. Soweit ist es mittlerweile mit unserem Verein gekommen.

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Eine halbe Stunde war vorbei. Ernsthafte Hoffnungen, unsere Mannschaft würde das Spiel souverän für sich entscheiden, hatte ich nicht. Es sah nicht so aus, als wüssten sie wirklich, was zu tun ist. Dabei frage ich mich immer: was trainieren die Jungs eigentlich? Was geht in ihren Köpfen vor, dass es einfach nicht „Klick“ macht? Muss es immer erst völlig ausarten, muss erst der Kopf von Armin Veh (erneut) gefordert werden, dass sie aufwachen? Ich weiß es nicht.

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Werder trat an zum Eckball vor dem Gästeblock. Ein unscheinbarer Eckball, der Kopf von Sebastian Prödl und durch die Lautsprecher drang das laute Hupen eines einlaufenden Schiffes. Wie gerne ich auf diesen Ton verzichtet hätte. Wirklich überrascht war ich nicht, es hatte sich angedeutet. Wer es nicht schafft, gegen den Tabellenletzten (!!!) die Abwehr beisammen zu halten, hat es vielleicht nicht anders verdient.

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Die weiß-rote Laterne

Der Wurm ist drin. Der Ball ist es nicht. Martin Harnik rannte auf Raphael Wolf zu, umspielte, ein, zwei, drei Bremer, immernoch am Ball, aufgeregt stützte ich mich auf die eiskalte Metallstange vor mir, die Kamera im Anschlag, bereit, die Freude im Gästeblock in einem oder zwei Fotos aufzufangen, wohlwissend, dass sie wegen der schlechten Lichtverhältnisse womöglich verschwommen sein werden.

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Er hatte das Tor nicht geschossen. Das erstickte ohnehin jede Überlegung über die Brauchbarkeit eines Fotos im Keim. Es sollte die einzige und auch letzte richtige Chance in diesem Spiel sein. Auch nach dem Seitenwechsel wurde es nicht besser. Im zweiten Durchgang stand ich dann alleine da oben, Gerd und Ingrid, die in der ersten Halbzeit noch bei mir standen, liefen nach unten, wo ihnen der kalte Wind nicht so erbarmungslos um die Ohren pfiff.

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Ich hielt die Stellung, woanders hätte ich auch keine besseren Fotos machen können. Ob von woanders die Leistung des VfB vielleicht besser ausgesehen hätte, glaube ich nicht wirklich. Aus ihrer Überlegenheit beim Ballbesitz und anhand der Torchancen machten sie nichts. Und mit dem zweiten Bremer Tor hat sich jeglicher Gedanke, es könne ja doch noch ein glückliches Unentschieden geben, auch erledigt.

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Der harte Boden der Tatsachen

Wieder eine Ecke, wieder drin. Zwei Ecken, zwei Tore. Fin Bartels hatte es gemacht, völlig unbedrängt aus der zweiten Reihe. Alle Bremer warfen sich auf ihn. Und um mich herum herrschte schlagartig Stille. Wieder dröhnte das Hupen durch die Lautsprecher. Ich dachte an meinen langjährigen guten Kumpel Dennis und stellte mir vor, wie er sich nun freut. All die Jahre, in denen der VfB tiefe Täler durchschreiten musste, sagte er mir, ich solle den Kopf oben behalten. Absteigen würden wir nicht – das sagte er bisher immer. Bis es eines Tages eben nicht mehr reicht.

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Für mich hatte sich die Partie in diesem Moment eigentlich nahezu erledigt. Sollte nicht unmittelbar danach ein Anschlusstreffer fallen, würde ich vom Glauben abfallen, dass es doch noch etwas wird mit etwas Zählbarem. Da konnte ich lange warten. Während die Bremer Zuschauer artig mit ihren Klatschpappen Pseudo-Stimmung machten, steckte ich die Kamera in die Jackentasche meines brombeerfarbenen Pullis, dessen Kapuze ich mir ganz tief ins Gesicht gezogen hatte, bis zum Mund vergraben in meinem roten Halstuch.

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Der Frust war zu groß. Die Stimme erheben konnte ich nicht mehr, zu herb die Verbitterung in diesen schweren Monaten. Wie schon gegen Wolfsburg mühte sich der aktive Kern redlich, das Stimmungslevel und damit auch die Köpfe oben zu behalten. Es gab schon Tage, an denen es einfacher war. Jene Tage, an denen wir wussten, dass es nur ein einziger verzeihenswerter Ausrutscher war. An Tagen, an denen es nicht um die blanke Angst ging, die einem im Nacken sitzt.

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Schnell weg vom Ort der Schande

Lediglich ein junger Mann im roten Brustring wurde mit Interesse verfolgt. Nach 65 Minuten kam der 18-jährige Timo Baumgartl für den am Sprunggelenk verletzten Daniel Schwaab und konnte in den paar Minuten, die noch verblieben waren, durchaus überzeugen. Er allein konnte das drohende Unheil der Niederlage nicht abwenden, doch er konnte zumindest dafür sorgen, dass es nicht noch schlimmer wurde.

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Nach 92 Minuten war es dann überstanden, mehr konnte ich auch nicht ertragen. Die Gesten, die der Mannschaft nach Abpfiff zuteil wurden, sprachen Bände: „Mehr habt ihr nicht zu bieten? Dafür sind wir jetzt tatsächlich 600 Kilometer gefahren? Ohne ein Aufbäumen lasst ihr uns jetzt ewig lang wieder heimfahren? Habt ihr denn kein Ehrgefühl? Wie soll es weitergehen?“ Sie klatschten zaghaft und schlurften schnell in die Kabine zurück. Das beantwortete jede unserer Fragen, ohne dass sie ein Wort sprechen mussten.

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Schon recht bald brachen wir auf, eine schnelle Heimfahrt stand auf der Agenda. Den Sieg sollte man noch feiern, hatte Sandro vor dem Spiel gesagt – wie leicht man sich doch täuschen kann. Er wartete bereits unten vor dem Stadion, Uwe, Felix und ich kamen schnell nach. In Windeseile flüchteten wir von diesem Ort der Schande, ungeachtet meiner Schmerzen, die Achillessehne brannte wie Feuer.

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Der letzte macht das Licht aus

Schnell noch andere Schuhe angezogen, ins Auto gesetzt und den Laptop aufgeklappt. Tief durchatmen und bloß nicht die Nerven verlieren. Ich begann mit meiner Arbeit, kopierte die Bilder auf meinen mobilen Arbeitsplatz und startete mein geliebtes Photoshop. Aber auch das beste aller Grafiktools konnte nicht alle Bilder retten, die in der düsteren Atmosphäre des Gästeblocks entstanden waren. Alle hatte ich nicht geschafft, die Müdigkeit hatte mich ab Mitternacht vollends im Griff und ließ mich einnicken.

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Fiel es mir am Tag nach der Niederlage gegen Wolfsburg noch recht einfach, die entsprechenden Zeilen zu formulieren, tat ich mich heute unheimlich schwer. Ein weiteres Mal, wie so oft in der Vergangenheit. Stunde um Stunde ist am Sonntagnachmittag vergangen, der Abend war bereits angebrochen. Nur eine einzige Mannschaft stand bis dato noch hinter uns: Dortmund. „Wenns dumm läuft“, meinte Fotografen-Kollege Franky, „sind wir am Sonntagabend letzter“. Er sollte recht behalten.

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Nun stehen wir also wieder da unten. Ob wir da unten bleiben, werden wir abwarten müssen. Die Enttäuschung ist groß und der Glaube daran, das sich an diesem Tabellenplatz bis zum 34. Spieltag noch wahnsinnig viel tut, ist schlichtweg kaum vorhanden. Wann werden wir Fans denn schon gefragt, was wir uns wünschen würden? Ein millionenschwerer Einkauf und ein Champions League Platz? Wir wären mit weitaus weniger zu frieden: wenn Ruhe einkehren würde und der VfB auch mal den Tabellenletzten schlagen würde.

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