Nass, kalt und unerfreulich begann die neue Saison 2010/2011 mit einem Grottenkick, wie ihn der VfB nur zu Saisonbeginn abliefern kann. Fast schon obligatorisch, möchte man meinen. Das Rückspiel in der Europa League Qualifikation gegen den norwegischen Nobody Molde FK wurde zur Nervenprobe, die wir – wie ich hoffte – schon nach dem Hinspiel (2;3) hinter uns gedacht hatten.

An jenem Donnerstag Abend zog es uns nach langer Abstinzenz das erste Mal seit dem emotionalen Abschied von unserer Kurve ins geliebte Neckarstadion. Es wurde einer dieser Abende, an dem man in Frage stellt, ob es nicht besser für Nerven und Gesundheit gewesen wär, das Spiel im Regen nicht im Stadion zu verfolgen.

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Der Sommer 2010 ist schon eigenartig, zuerst brauchte er ewig lange, um in Fahrt zu kommen. Dann kam er, aber richtig brutal, nur um zwischendrin immer wieder Phasen mit Regen, Sturm und Gewitter zu haben, die uns schier verzweifeln lassen. Petrus zog es vor, es regnen zu lassen. Kurze Hosen waren da “eine richtig gute Idee”.

Beide Kurven gesperrt, es verblieben nur noch die Haupttribüne und die Gegentribüne, für mich als Kurvensitzerin, bzw. -steherin eine völlig neue Situation. Das Gedränge war groß, als sich die Zuschauer durch wenige Eingänge zwängen wollten, erschwerend kam hinzu, dass die Frauen kurzerhand einen eigenen Eingang bekamen – was man allerdings erst erfuhr, als man an der Reihe war mit der Leibesvisitation. Wieder einmal top organisiert, VfB! Entschuldigt die Ironie.

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Von Weitem hörte man schon die Fangesänge und sah auch das Fahnenmeer, die Sommerpause war viel zu lang. Willkommen zurück zu Hause. So schön es auch war, wieder im Neckarstadion zu sein, so unerfreulich war es dieses Mal. Die ersten Minuten des Spiels gaben wenig Anlass zur überschäumenden Freude. Behäbig und langsam gingen die Jungs zu Werke.

Ich hätte es mir denken können, die obligatorischen Startschwierigkeiten konnten auch dieses Mal nicht ausbleiben, und so kam es, wie es kommen musste: Molde FK, die norwegischen Nobodys, gingen in Führung. In unserem Revier. Peinlich, peinlich. Noch waren wir in der nächsten Runde. Noch.

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Zur Halbzeit gab es eine große Portion Frust, fein abgeschmeckt mit dem unwohlen Bauchgefühl, wo das hinführen soll. Mein Blick scannte geradezu die Fanblöcke 51 und 52 auf der Gegentribüne, wo auch Felix und ich unsere Karten hatten. Irgendein bekanntes Gesicht dabei? Durchaus, zahlreiche bekannte Gesichter, darunter auch VfB-Fans, die mich seit fast 3 Jahren begleiten.

“Mirs kalt!” sagte ich an diesem Abend gefühlte 35189376 Mal, ohne Erfolg. Die Darbietungen auf dem Rasen erwärmten auch in der zweiten Halbzeit nicht gerade mein Herz. Als die Norweger dann auch noch das 0:2 machten, kam noch mehr frostige Stimmung auf, zu diesem Zeitpunkt wäre der VfB ausgeschieden, es entbehrte jeglicher Worte.

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Es ist zumindest erfreulich, dass am Anfang der neuen Saison schon eine große Moral in der Mannschaft herrscht. Wie sie es geschafft haben, doch noch weiter zu kommen, kann ich mir zwar nicht erklären, aber das ist auch nicht wichtig. Entweder war es die Standpauke des Trainers in der Habzeit, mystischer Voodoo-Zauber oder andere hohe Mächte, es spielt keine Rolle. Der Anschlusstreffer kam von dem, der das ganze Spiel über wie ein Fremdkörper wirkte, unser Russenkampfpanzer Pavel Pogrebnyak.

Nun wäre der VfB wieder weiter, die Angst, kurz vor Spielende noch ein saublödes 1:3 hinnehmen zu müssen, blieb und lähmte mich geradezu. Kaum im Stande, Geduld und Entspannung walten zu lassen, ergriff mich die blanke Furcht bei jedem Ballbesitz der Blauen.

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“Schiri, pfeif ab!”, er tat es auch diesmal nicht. Das erlösende 2:2 gegen Ende des Spiels ließ mir ein ganzes Gebirgsmassiv vom Herzen fallen. Ein schön anzusehener Flug-Kopfball von Timo Gebhart ließ uns einander um den Hals fallen. Unmittelbar danach war das Spiel vorüber, der VfB weiter… und meine Nerven schon wieder völlig am Ende.

Am nächsten Tag zum frühen Aufstehen gezwungen, hielt es uns auch nicht mehr lange im Stadion, schnell suchten wir den Ausgang auf, wurden dann aber noch nicht ganz unfreiwillig von einem gemeinsamen Freund aufgehalten, mit dem wir am Ausgang noch plauderten und lachten, nicht ganz frei vom Galgenhumor. Wir hatten Glück, mit einem blauen Auge davon zu kommen.

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Außerhalb des Stadions ging ich kurz verloren, faszinierte mich doch der Anblick von außen hinein in das beleuchtete Stadion mit der Baustelle, wo einst unsere Kurve gestanden hatte. Als festgestellt wurde, das ich vermisst wurde, blieb man stehen und ich holte sie wieder ein, als ich fertig war mit den Fotos, die ich noch schnell gemacht hatte. Gemeinsam lief man den Weg zurück bis etwa zur Schleyer-Halle, wo sich die Wege trennten. Die einen gingen zurück zum Bahnhof, wir liefen weiter über die Brücke Richtung Gaskessel, wo Felix sein Auto abgestellt hatte.

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Tage wie diese schlauchen, auch ohne eine 5-stündige Anreise. Eigentlich spielte das alles keine Rolle mehr, der VfB war weiter, aber die Art und Weise, wie sie das realisierten, war alles andere als erfreulich. Spät nachts kamen wir heim, durften uns noch ein süffisantes “Glückwunsch” des Nachbarn anhören, nachdem wir seine Frage, ob wir diesen Grottenkick etwa live gesehen hätten, seufzend mit “Ja” beantwortet hatten.

Müde und ausgelaugt fielen wir ins Bett – und ich träumte von Zeiten, in denen der VfB keine ganze Hinrunde braucht, um in die richtige Spur zu kommen. Von Zeiten, in denen vom ersten Spiel an der Gegner kontinuierlich an die Wand gespielt wird. Von Zeiten, die einen vergessen lassen, was für miesen Spielen man schon beigewohnt hat. Ich wachte auf und stellte fest, dass es nur ein Traum war. Aber wer sagt, dass Träume niemals im Leben in Erfüllung gehen?

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