“Ah, da war ja noch was!” Fast 2 Monate (!!) später kommt nun auch endlich ein Bericht zum besuchten Spiel TSV 1860 München II gegen den SSV Reutlingen 05. Abseits der üblichen VfB-Spiele lautete so nun der offizielle Saisonabschluss. Aufgrund der Entfernung zum Datum – das Spiel fand schon am 29. Mai statt – wird dies nur ein Kurzbericht. Große Trauer unter meinen Lesern wird das jedoch wohl kaum auslösen.

Der Großteil meiner Leserschaft besteht aus VfB-Fans, mal mehr oder weniger des Vielfahrens verschrieben, wer sich die Teilnahme an diesem Spiel jedoch nicht von allein erklären kann, dem sei gesagt: im Namen der Fanfreundschaft. Die Stuttgarter Ultras, das Commando Cannstatt, pflegt eine Freundschaft zum südlich von Stuttgart beheimateten SSV Reutlingen, der sich in der Regionalliga Süd durchschlug. Durch den bevorstehenden, leider insolvenzbedingten Zwangsabstieg der Reutlinger ging es im letzten Spiel in München um nicht mehr als um die Ehre. Grund genug, sich am Stuttgarter Hauptbahnhof zu treffen und die gemeinsame Reise anzutreten. Alle mit dem Zug nach München.

Mit meiner besseren Hälfte sowie 2 anderen Kumpels traf man sich morgens in Weinstadt-Beutelsbach, dort startete die Odyssee zu meinem bisher ersten Regionalligaspiel. Zwei einhalb Jahre ist es her, dass ich zum ersten und auch zum letzten Mal in München war, damals für das Länderspiel gegen Tschechien. Damals noch Eventfan, heute Vielfahrer aus Leidenschaft. Die Hinfahrt gestaltete sich problemlos.

Der Wetterbericht prognostizierte schönes frühsommerliches Wetter, und soweit ich mich nach 2 Monaten noch zurück erinnern kann, hielt der Wetterbericht auch was er versprach: pralle Sonne. Nach einer quälend langen Leibesvisitation am Münchener Hauptbahnhof, ging es gemeinsam Richtung Grünwalderstadion, welches die Amateur-Löwen für ihre Heimspiele nutzen und sich damit den Neid der Profi-Löwen zuziehen, diese müssen sich bekanntermaßen mit den ungeliebten Bayern das Schlauchboot teilen.

Stuttgarter und Reutlinger konnte man kaum noch auseinander halten, waren sie doch geeint durch ein einheitliches Erscheinungsbild. Alle mit demselben Shirt in schönem Rot. Viele bekannte Gesichter, noch mehr unbekannte Gesichter. Ich freute mich auf dieses Spiel, auch wenn es Reutlingens letzter Auftritt in dieser Spielklasse sein sollte, auch ein Sieg würde daran nichts ändern.

Für schmale 3 Euro gewährte man den mitgereisten Schlachtenbummlern Eintritt in das alte Stadion an der Grünwalder Straße. Fernab der großen Arenen, weit weg von beheizten VIP-Logen, einfache Steintreppen und Wellenbrecher aus Metall, auch das Einfache vermag seinen Reiz zu haben.

An die Fangesänge der Reutlinger musste ich mich erst gewöhnen, für viele andere gehörte das Liedgut schon zum Standard-Repertoire. Als sich der Gästeblock füllte, wurden rote, schwarze und weiße Fähnchen ausgeteilt, eine kleine Abschluss-Choreographie stand auf dem Programm. Viel gefertigtes Material verschaffte jedem die doppelte Arbeit, jeder bekam kurzerhand 2 Fähnchen in die Hand gedrückt. Die Sonne knallte schon jetzt unbarmherzig auf uns nieder. Welch überaus gute Idee, dass ich die Sonnencreme daheim gelassen habe.

Das, was ich Spiel für Spiel von meinem geliebten VfB erwarte, übertrug sich nahtlos auf dieses Spiel: eine schnelle Führung. Erhört wurde dieser Wunsch unerwartet schnell. Schon stand es 0:1, so konnte es gern weitergehen. Leider war das Wunsch-Kontingent mit dem 0:1 schon aufgebraucht.

Es folgte der Ausgleich und mit ihm das selbe Gefühl, dass ich nur zu gut ebenfalls von meinem VfB kenne: das blanke Entsetzen. Wenn ich geahnt hätte, was bis zum Spielende passiert, hätte ich es weitaus gelassener gesehen. Immer wieder fand der Ball den Weg ins Netz, nur leider ins falsche. Zur Halbzeit stand es soweit ich mich erinnere 3:1, ich weiß es nicht mehr mit Sicherheit. Woran ich mich aber noch gut erinnere, war der Anruf des Chefs. Und wenn der Chef am Samstag anruft, kann das nichts Gutes heißen. Es war “nur” die Alarmanlage im Büro, die die außerterminliche Putzkolonne ausgelöst hat, die Panikattacke, als das Handy klingelte, gabs gratis dazu.

Da die Sonne die ganze Zeit unablässig auf die nicht eingecremte Haut schien, schien es mir jedoch recht klug, für einige Minuten ein schattiges Plätzchen zu suchen. Eine Erleichterung, die rötliche Färbung meines Gesichts hat in den ersten 45 Minuten schon spürbar begonnen.

Die zweite Halbzeit verbrachten wir zunächst noch im Schatten, bevor wir uns wieder zu den fleißigen Supportern in die Sonne stellten. Die Unterstützung mit Gesängen war erfreulich, die Leistung auf dem Platz war es nicht. So endete das Spiel nach 90 Minuten mit einem unfassbaren Ergebnis von 6:1 (0:1), so etwas glaubt man nur, wenn man live dabei war.

Natürlich bot der Weg zurück nicht gerade großen Anlass zum Feiern, dennoch konnte man keine große Niedergeschlagenheit erkennen, zumindest offenbarte sie sich mir nicht. Beim Einsteigen in die von einigen Münchener Fans gefüllte Bahn war amüsierte Häme zu erwarten, was uns stattdessen von einem Löwen entgegnet wurde, war äußerst belustigend und ein Trost für die Niederlage zugleich: “Wer nicht hüpft, der ist ein Ulmer” – Ulmer und Reutlinger sind nicht gerade miteinander befreundet, im Gegenteil. Bis zum Münchener Hauptbahnhof wurde gesungen und gehüpft, das alles in einer luftabschneidenden und beengenden Atmosphäre.

Nun erhoffte ich mir einen entspannten Weg zurück nach Stuttgart, nach wenigen Minuten war ich in Felix’ Armen bereits eingeschlafen – optimale Zeitausnutzung bis zum Umsteigen in Ulm. Die Durchsage “Nächster Halt: Neu-Ulm” weckte mich auf, bald würden wir Ulm erreichen. Da sich die Hinfahrt unproblematisch gestaltete, erwartete ich das auch von der Rückfahrt. Leider wurde ich enttäuscht. Zu den Vorkommnissen in Neu-Ulm möchte ich keine weiteren Worte verlieren.

Später am Abend erreichten wir Stuttgart nach einem langen Tag, weiter ging es wieder nach Weinstadt-Beutelsbach, wo Felix geparkt hatte. Aus der kurzen Verabschiedung und dem anschließenden Einsteigen ins Auto wurde eine weitere längere Plauderei, kurzes Reinschauen beim an diesem Abend stattgefundenen Eurovision Song Contest, dann war auch für uns Ende im Gelände.

Ein anstrengender Tag forderte seinen Tribut. Dass Lena für Deutschland den Song Contest gewonnen hatte, las ich mitten in der Nacht im Videotext nach, lange nachdem wir vor der laufenden Kiste eingeschlafen waren.

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