Einige Tage habe ich es nun sacken lassen. Die Enttäuschung ist nach wie vor natürlich da, aber das Lächeln ist wieder langsam zurückgekehrt. Wenn auch mit leicht gebrochenem Herzen. Es hat nicht sollen sein. Neue Erkenntnisse: Rumpelfußball fällt uns früher oder später auf die Füße und Gary Lineker hat leider doch nicht immer Recht.
Am Sonntag fand das EM-Finale zwischen unseren deutschen Jungs und Spanien in Wien statt – die Hoffnungen waren groß, die Vorzeichen durchwachsen: Mit durchwachsenen Leistungen gegen Kroatien, Österreich und die Türkei würde es ein schweres Spiel gegen die offensivstarken Spanier werden. Aber der Siegeswille, die Mentalität stimmte. Nur die Puste reichte am Ende nicht.
Poldi kämpfte, aber er blieb erfolglos
Viel zum Spiel möchte ich nicht sagen. Es war schlecht. Sehr schlecht. Zu schlecht, um damit Europameister zu werden. Und erst recht zu schlecht, um einen 0:1-Rückstand wieder aufzuholen, den sich die Spanier das ganze Turnier lang nie haben wieder nehmen lassen. Ich will nicht behaupten, die Jungs hätten nicht ordentlich gekämpft, aber es waren keine spielerischen Mittel da, um das 0:1 in der 33. Minute noch in einen Sieg zu drehen.
Es hat nicht sollen sein
Hoffen, Zittern, Schwitzen, Beten, Bangen – es nützte alles nichts. Fernando Torres’ Stolperschuss ins knappe Torecke traf genau ins deutsche Fußballherz. 57 Minuten später waren alle Hoffnungen auf den Titel 2008 endgültig beendet – der Schiedsrichter pfiff ab, Spanien ist Europameister.
Ballack spielte dann verletzt weiter
Was bleibt nun zu sagen, 4 Tage danach? Der größte Teil der Enttäuschung ist seit Montag passé, der Blick geht wieder nach vorn. Spanien wurde, wie ich leider zugeben muss, verdient Europameister. Vom ersten bis zum letzten Spiel absoluter Kampf, klasse Leistung, Glückwunsch Spanien zum verdienten Titel. Ihr habt lange darauf warten müssen, 44 Jahre sind eine lange Zeit.
Mitten ins Herz: Torres trifft zum 0:1!
Und obwohl es auch nicht schlecht ist, die zweitbeste Mannschaft Europas zu sein – es ist doch nur der zweitbeste Platz. Wir alle hatten einen Traum, 2008 Europameister zu werden. Dieser Traum endete noch nicht mit Torres’ Tor. Bis ganz zum Schluss hatten wir alle noch Hoffnung, das Brennen unter den Fingernägeln, das Flattern im Bauch, das Feuer in den Augen. Es hat nicht sollen sein.
Es reichte nicht mehr für den Ausgleich
Das Spiel sah ich mit Freunden im La Playa Beach Club direkt neben der Gottschedstraße, wo ich die Spiele gegen Kroatien und die Türkei verfolgte. Zunächst genervt von der schlechten Sicht und permanent genervt von einer quasi nicht vorhandenen Akustik (von der Stimmung mal ganz zu schweigen) wollte ich eigentlich lieber auf der Gottschedstraße sein, irgendwo, wo mehr Stimmung ist. Es machte keinen Spaß, ebenso wenig wie das Spiel. Einziges Trostpflaster war das Beisammensein mit meinen Freunden, sonst wäre ich nach nicht einmal 5 Minuten geflüchtet.
Schluss, Auf, Vorbei!
Mit dem Schlusspfiff sanken die Köpfe nach unten, der künstlich angelegte Sandstrand mit Pool leerte sich an diesem Sonntag Abend still und leise. Dennoch dauerte es keine 15 Minuten, bis sich die Autokorsos ihren Weg durch die Stadt bahnten. Überall schwenkende Fahnen, singende Menschen, als wären wir Europameister. Dem konnte ich mich noch nicht anschließen, zu schwer saß der Schock und die riesen Enttäuschung.
Der schwerste Gang
Leise trottete ich dann zur Bahnhaltestelle, wartete lange Minuten auf die Bahn. Noch immer konnte ich nicht begreifen, was eben passiert ist. Alle Hoffnungen, alle Träume, alle Leidenschaft, die man in diesen 2 Jahren der Vorbereitung auf diese EM 2008 in die Nationalmannschaft investiert hat – all das war jetzt bedeckt von dem Mantel der Enttäuschung. Nur langsam sickerte die Erkenntnis durch: Wir sind Vize-Europameister. Ein großer Erfolg. Der Pott wäre mir, und Millionen anderen, lieber gewesen,dessen bin ich mir sicher.
Glückwunsch, Spanien!
Für wen es mir mit am meisten leid tut, ist unser Kapitän Michael Ballack – seit Jahren belegt vom Vize-Fluch. 2 Jahre freute ich mich auf den Moment, dass Michael Ballack am 29. Juni 2008 den silbernen Pokal in den Wiener Nachthimmel streckt. Nichts hätte ich lieber gesehen, auf diesen Moment habe ich voller Vorfreude gewartet. Es hat nicht sollen sein.
Eigentlich hatte ich ja vor, am Montag zur Meisterfeier nach Berlin auf die Fanmeile zu fahren, wo die Jungs uns den Pott präsentieren. “Und was mache ich jetzt?” fragte ich mich noch bis tief in die Nacht. Bereits einige Stunden vor dem Spiel organisierte ich eine Mitfahrgelegenheit nach Berlin und wieder zurück. Ich dachte, ich wüsste nicht, was ich nun tun solle. Dabei hatte ich meine Entscheidung doch schon längst getroffen.
33 Jahre, gebürtig aus Leipzig, seit 2010 wohnhaft in Stuttgart – Bad Cannstatt. Dauerkartenbesitzerin, Mitglied, ehemalige (Fast-)Allesfahrerin und Fotografin für vfb-bilder.de. Aus Liebe zum VfB Stuttgart berichte ich hier von meinen Erlebnissen – im Stadion und Abseits davon.
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