Meistens habe ich immer genau gewusst, wie ich etwas sagen will. Und dann gibt es doch diese Tage, da bleibt einem jedes Wort im Halse stecken. Direkt vor uns liegt eine neue Spielzeit, die spannend und in vielen Facetten neu für uns sein wird. In den letzten Wochen hat sich viel geändert: ein neues Trainerteam, langjährige Spieler haben den Verein verlassen und Wolfgang Dietrich ist nach einer denkwürdigen Mitgliederversammlung zurückgetreten. Grund genug, sich auf die neue Spielzeit zu freuen, nicht wahr? Manches wird uns vertraut sein, die Gesichter, die wir im Stadion treffen, unser alter Dauerkartenplatz, das Kribbeln beim Blick in die Cannstatter Kurve. Doch es gibt Dinge, die sind nicht mehr wie vorher.
Es ist vorbei. Der letzte Tanz ist getanzt, die letzte Entscheidung gefallen, das letzte Lied gesungen. Der VfB ist abgestiegen. Wieder einmal. Was ist das für ein seltsames Gefühl? Erleichterung, da die Saison endlich vorüber ist? Frustration, da wir erneut den Gang in die zweite Liga antreten müssen? Enttäuschung, da uns das Wunder verwehrt geblieben ist? Genugtuung, da es nach dieser Spielzeit mehr als verdient gekommen ist? Verzweiflung, da niemand weiß, wie es weitergehen soll? Eine Mischung aus allem lag mir am Montagabend schwer im Magen, als Christian Dingert das Spiel abpfiff und damit Union Berlin zum Aufsteiger und wir zum Absteiger gekürt worden sind. Ein Gefühl, das mich die ganzen letzten Wochen nie wirklich losgelassen hat, und dass sich nun bewahrheitete. Es hat nicht gereicht.
Ich dachte eigentlich, ich hätte das alles hinter mir. Mit einer neu entdeckten Gelassenheit, um nicht zu sagen Teilnahmslosigkeit verfolgte ich die Spiele der letzten Wochen weitgehend mit einem Achselzucken und ertappte mich ein ums andere Mal bei der Aussage “Dann steigen sie eben ab, es ist verdient”. Und nun sitze ich dennoch hier, zwei Tage nach dem Hinspiel, zwei Tage vor dem Rückspiel und muss mir doch eingestehen, dass es mir doch nicht ganz so egal ist, wie ich gedacht hatte. Am Montag findet in der Alten Försterei der alles entscheidende Showdown statt. Union gegen VfB. Zweitligist gegen Erstligist. Gut gegen Böse, wenn man so will. Alle gegen uns. Natürlich tat uns der VfB nicht den Gefallen, zumindest im Hinspiel zu verdeutlichen, wer in der kommenden Saison in der ersten Liga spielen sollte. Im Gegenteil. Was bleibt, sind Zweifel. Und verdammt viele beschissene Gefühle.
Keine andere Frage beschäftigt mich und viele andere am Tag danach so sehr wie diese: Warum erst jetzt? Diese Jungs können rennen, kämpfen, Fußball spielen. Und sie können gewinnen. Sie haben die Qualität, alles aus sich rauszuholen, für den anderen mitzurennen und all die Leidenschaft zu zeigen, die wir als Cannstatter Kurve vorleben und im gleichen Maß von unseren Spielern erwarten. Warum nur können sie es erst dann abrufen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist? Warum nur war es nicht möglich, diese Leistung vorher zu zeigen, als es noch darum ging, das schlimmste abzuwenden? Warum nur musste es erst so weit kommen?
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